2009-10-30 13:26:15

D: Meilen- oder Stolperstein?


RealAudioMP3 Festliche Stimmung in Augsburg: An diesem Freitag und Samstag feiern Vertreter der katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“, die vor zehn Jahren – am 31. Oktober 1999 - in der Fuggerstadt unterzeichnet wurde. Mit diesem Papier erzielten Katholiken, Lutheraner und Methodisten einen Konsens in der theologischen Frage über die Erlösung des Menschen durch Gott; die diesbezügliche Debatte hatte seit der Reformationszeit bestanden. Die Erklärung zur Rechtfertigungslehre gilt als Meilenstein im ökumenischen Dialog, auch aus evangelischer Sicht, sagte uns der Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Johannes Friedrich. Er wirkte vor zehn Jahren am Zustandekommen der Erklärung mit.

„Aus meiner Sicht ist die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre das wichtigste kirchengeschichtliche Dokument der letzten Jahrzehnte und das bedeutendste Dokument in der ökumenischen Verständigung mit der römisch-katholischen Schwesterkirche. Denn in diesem Dokument geht es um den Glaubensartikel von der Rechtfertigungslehre, von dem Martin Luther gesagt hat, mit ihm steht und fällt unser Glaube. Nun haben sich Lutheraner und Katholiken weitgehend darauf geeinigt, was man gemeinsam interpretieren kann, und damit sind die wesentlichen Unterschiede eigentlich entfallen. Das halte ich für ein riesengroßen Fortschritt.“

Dennoch lägen weiterhin einige Stolpersteine auf dem ökumenischen Weg, fügt Landesbischof Friedrich an.

„Wir haben lehrmäßige Differenzen, insbesondere in der Frage des Bischofsamtes. Und diese Differenzen werden wohl auch nicht so schnell zu überwinden sein. Aber ich denke, wir können auch zehn Jahre danach beobachten, dass bei vielen Stellen der Dialog weiter vorangegangen ist. Ich denke dabei an die Basis und die Gemeinden. Dort findet immer mehr eine gemeinsame Arbeit statt. In den gemeinsamen Stellungnahmen der Bischöfe finden sich des Weiteren zu gesellschaftspolitischen Fragen viele Übereinstimmungen. Schließlich hat die schnelle Überwindung des jüngsten Konflikts zwischen der evangelischen Kirche und den katholischen Bischöfe gezeigt, wie groß das Vertrauen auf kirchenleitender Ebene ist.“

Auch die katholische Seite weist auf Schwierigkeiten hin. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch:

„Wir wussten ja bereits vor zehn Jahren, dass noch Fragen anstehen werden, wie etwa das Kirchenverständnis, das Amtsverständnis und das Verständnis der Sakramente. Vielleicht haben wir aber tatsächlich zu wenig getan, um das Gespräch fortzuführen. Insofern ist ein solcher Anlass – also auf zehn Jahre zurückschauen – auch ein Anstoß, diese Fragen neu anzugehen.“

Nichtsdestotrotz glaubt auch Erzbischof Zollitsch, dass die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre ein Meilenstein der Kirchengeschichte ist.

„Seit dieser Zeit ist das Gespräch mit der evangelischen und der methodistischen Kirchen doch um vieles einfacher und selbstverständlicher geworden. Manchmal entdecke ich bei großen ökumenischen Versammlungen, dass Lutheraner und Methodisten sehr stark auf uns Katholiken zukommen, weil sie spüren, dass wir in vielen Bereichen näher liegen als mit anderen Konfessionen.“

Die Feier in Augsburg gilt also als neuer Ausgangspunkt in der Ökumene. Der evangelische Bischof Johannes Friedrich hat auch spezifische Wünsche:

„Ich hoffe, dass wir alle miteinander und auf allen Seiten lernen, einander zu respektieren und zwar gerade in den Bereichen, wo wir anders denken. Ökumene bedeutet meiner Meinung nach, den anderen so anzunehmen, wie er ist. Erst dann kann man auch getrost inhaltlich streiten über theologische Punkte.“

Die zweitägige Gedenkveranstaltung beginnt am Freitag mit einer Feierstunde im berühmten Goldenen Saal des Augsburger Rathauses. Ein ökumenischer Gottesdienst im Dom beendet am Samstag die Feierlichkeiten. Zu den Teilnehmern gehören unter anderen Kurienkardinal Walter Kasper, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Ishmael Noko, sowie der langjährige Bischof der evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland, Walter Klaiber.

(rv 30.10.2009 mg)








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