2009-10-29 13:08:16

Botschafter Horstmann: „Verantwortung für unsere Erde“


RealAudioMP3 Die Menschen haben die Schöpfung bisher nicht bewahrt. Das kritisiert der deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl, Hans-Henning Horstmann, in seiner aktuellen Kolumne für Radio Vatikan. Deutschland und der Heilige Stuhl erwarten deshalb konkrete und messbare Ergebnisse bei der kommenden Klimakonferenz in Kopenhagen. Die Menschen müssten vor allem ihr Verhalten ändern, so Horstmann weiter. Alle bisherigen Erfahrungen lehren, dass die Menschen diese Änderungen nur in Zeiten der Krise erreichen können. Botschafter Hoffmann nannte auch die Rolle Afrikas im Hinblick auf die Überwindung dieser Probleme.

(rv 29.10.2009 mg)

Lesen und hören Sie hier die gesamte Kolumne von Hans-Henning Horstmann

Sehr verehrte Hörerinnen, sehr verehrte Hörer,
vor wenigen Tagen habe ich an einem Kongress in Berlin über die Zukunft unserer Erde teilgenommen. Die Kernaussage der Zusammenkunft, von Wissenschaftlern, Unternehmern und Politikern war: wir leben jetzt bereits in der Zukunft und: wir leben auf mindestens einer Erde und der Hälfte einer zweiten Erde, wenn nicht bereits auf zwei Erden. Das heißt: wir haben die Schöpfung nicht bewahrt, sondern die Menschheit hat einen kontinuierlichen sich beschleunigenden Raubbau mit dem ihr anvertrauten Planeten betrieben, der zumindest nach den wirtschafts-wissenschaftlichen Erkenntnissen so weit geht, dass wir bereits 1,5 Erden verbraucht haben.

Drei konkrete Beispiele:
1. 1 Milliarde Menschen verhungern, 1 Milliarde Menschen haben Übergewicht.
2. Nach neuesten Erkenntnissen übersteigt die Zahl der Hungerflüchtlinge, die überleben wollen, die Zahl der Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenregionen sowie aus unmenschlichen Diktaturen.
3. Der Klimawandel zeigt sich in der fortschreitenden, vom Menschen verursachten Erderwärmung mit all ihren katastrophalen Folgen.

Seit Anfang der 60er Jahre haben nicht nur die deutsche Bundesregierung sondern Nichtregierungsorganisationen, vor allem aber auch die christlichen Kirchen auf die vor nunmehr 50 Jahren bereits eingetretenen Zerstörungen und sich fortsetzenden, die Schöpfung gefährdenden Entwicklungen hingewiesen und versucht, entgegenzuwirken, im nationalen, im internationalen und mehr und mehr auch im globalen Rahmen.

Wir bereiten uns jetzt auf die Konferenz der Vereinten Nationen zum Klimawandel im Dezember in Kopenhagen vor. Deutschland und der Heilige Stuhl wollen konkrete, messbare Ergebnisse. Der gute Wille existiert, aber reicht der politische Wille aus? Auf der Konferenz zu Zukunftsfragen in Berlin war die Antwort eindeutig: der politische Wille reicht nicht aus. Wir Menschen müssen unsere Lebensplanungen und unser tägliches Verhalten ändern. Jüngst sagte ein deutscher Politiker:
„Wir brauchen kein Wachstum im Wohlstand, wir brauchen ein Wachstum im Wohlbefinden.“

Grundbedingung für diesen Weg ist, dass wir unser über Jahrtausende tradiertes Verhalten radikal ändern. Es gibt bereits jetzt ermutigende staatliche und private Ansätze, zum Beispiel:

1. Die Förderung erneuerbarer Energien, der Konsens auf einen Energiemix, der unsere Welt schont und nicht weiter verletzt.

2. Der prozentuelle finanzielle Anteil von Forschung und Entwicklung bei den weltweit aufgestellten wirtschaftlichen Unternehmungen ist erheblich angestiegen und hat bei manchen die 30-Prozent-Marke erreicht.

3. Gerade in der gegenwärtigen Vertrauenskrise ist es gut zu wissen, dass Staat und Kirche in Erziehung, Ausbildung und Bildung investieren.

4. Die Kirchen und Nichtregierungsorganisationen haben frühzeitig auf die Ohnmacht großer Bürokratien hingewiesen. Unsere der Schöpfung dienende Entwicklungspolitik wird und muss dem verstärkt Rechnung tragen. Es sind nicht Organisationen, die verändern, sondern die Menschen guten Willens.

Wir Menschen müssen aber unser Verhalten ändern und alle bisherigen Erfahrungen lehren uns: wir ändern uns als Gemeinschaften nur in der Krise. Unsere Welt zeigt uns täglich nicht nur die Bilder von Krisen, sondern Katastrophen. Und wir: wir versuchen zu lindern, aber erst im, oft nach dem Konflikt und dann mit Krieg. Gewalt ruft Gegengewalt auf den Plan. Der Krisenbogen von Pakistan bis nach Afrika ist ein erschütterndes Beispiel.

Die soeben beendete Sondersynode zur Lage der Kirche in Afrika hat uns den großen menschlichen Reichtum dieses Kontinentes der Hoffnung gezeigt. Das päpstliche Diktum „Steh auf, Afrika“ ist auch ein Appell an uns: es waren vor allem Europäer, die seit dem 15. Jahrhundert zur Situation im heutigen Afrika beigetragen haben. Afrika ist nicht nur Nachbar, sondern unser europäisches Schicksal ist mit dem von Afrika unauflöslich verbunden. Und wie gehen wir mit Afrikanern in Europa und mit Afrikanern in Afrika um? Wir müssen, jeder für sich und dann mit der Kraft der kleinen und großen Gemeinschaften, unser Verhalten ändern: der vorsichtige Umgang mit den irdischen Gütern (z.B. das Wasser) ist eine Herausforderung, die andere, gerade von den großen Religionen gelehrte und auch gelebte Antwort ist, dass wir uns unserer eigenen Würde und der unseres Nachbarn täglich neu bewusst werden und es zu dem Imperativ unseres Handelns und Unterlassens werden lassen.

Botschafter Hans-Henning Horstmann







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