Erstmals steht eine Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die
Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann wurde bei der Synodentagung in Ulm am
Mittwoch erwartungsgemäß zur neuen Ratsvorsitzenden der EKD gewählt. Käßmann erhielt
132 von 142 Stimmen. Damit tritt sie die Nachfolge des Berliner Bischofs Wolfgang
Huber an, der aus Altergründen nicht mehr kandidierte. Käßmann dankte in einer ersten
Reaktion der Synode für ihr großes Vertrauen. Es sei „ein so klares Votum, dass ich
mich davon berufen und getragen weiß“, sagte sie und kündigte eine „vernetzte und
konstruktive“ Zusammenarbeit mit den Organen und Gremien der EKD an. Sie fügte hinzu:
„Ich bin überzeugt, dass die Sehnsucht der Menschen nach Glauben und Sinn bei uns
Antworten finden kann.“
Zum stellvertretenden Ratsvorsitzenden wählte die
Synode den rheinischen Präses Nikolaus Schneider (62) mit 137 Stimmen. Die Amtszeit
des neuen Rates, der sich zuvor konstituiert hatte, beträgt sechs Jahre.
Die
aus Marburg stammende Käßmann studierte in Tübingen, Edinburgh, Göttingen und Marburg
Evangelische Theologie. 1985 bis 1990 war sie Gemeindepfarrerin in Kurhessen-Waldeck
und promovierte parallel dazu im Fach Theologie. Zu ihren weiteren beruflichen Stationen
gehören zwei Jahre als Beauftragte für den Kirchlichen Entwicklungsdienst der Evangelischen
Kirche in Kurhessen-Waldeck und zwei Jahre als Studienleiterin an der Evangelischen
Akademie Hofgeismar. Außerdem nahm sie Lehraufträge für Ökumene an der Kirchlichen
Hochschule Leipzig und an der Evangelischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg
wahr.
Von 1994 bis 1999 wurde Käßmann als Generalsekretärin des Deutschen
Evangelischen Kirchentages auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Seit 1999 ist
sie Bischöfin in Hannover, der mit rund drei Millionen Mitgliedern größten deutschen
Landeskirche. Sie ist Mutter von vier erwachsenen Töchtern. Aufsehen erregte vor zwei
Jahren ihre Scheidung nach 26 Ehejahren.