2009-10-25 12:10:22

Österreich: „Pfarrgemeinden stärker in den Blick nehmen“


Kardinal Christoph Schönborn plädiert dafür, die Bedeutung der Pfarrgemeinden weltweit stärker in den Blick zu nehmen. Bei der 1. Wiener Diözesanversammlung im Rahmen des Vorgangs „Apostelgeschichte 2010“ seien zahlreiche Sorgen und Anliegen im Blick auf die Pfarrgemeinden zum Ausdruck gebracht worden, hielt der Kardinal am Samstagvormittag vor den Delegierten im Wiener Stephansdom fest. Er werde verstärkt mit Bischöfen der Weltkirche das Gespräch über diese Themen und den Austausch über die Anliegen und Erfahrungen der Pfarrgemeinden suchen. In Richtung der Delegierten sagte Schönborn: „Ich kann nicht Reformen versprechen, die viele sich wünschen, die aber nicht in meiner Hand liegen.“ Es sei aber ein berechtigter Wunsch, „dass es über diese Anliegen einen verstärkten Austausch gibt“. Bei der Diözesanversammlung waren im Blick auf die Zukunft der Pfarren die Zugangsbedingungen zum Priestertum, die Frage der „viri probati“ (der Priesterweihe für bewährte verheiratete Männer) oder der neuen Leitungsmodelle für Pfarrgemeinden mehrfach thematisiert worden. In seiner ersten Bilanz der Delegiertenversammlung sagte Schönborn, er nehme es für sich als Auftrag mit, noch bewusster auf das zu schauen, was in der Kirche „Schmerz oder Leidensdruck“ verursache, aber auch auf das, was an Neuem wachse. Die Versammlung habe deutlich gemacht, „wie viel in unserer Diözese von so vielen getragen und gelebt wird“. Bewusstes Augenmerk sollten die Gläubigen in der Erzdiözese Wien auf die Sorge um die wachsende Zahl an Notleidenden legen, betonte der Kardinal und dankte für alles, was schon jetzt an vielfältiger karitativer Hilfe durch die Pfarren geleistet wird.

Als besonderes Anliegen nannte der Wiener Erzbischof, dass die Gotteshäuser „offengehalten werden“ und die Pfarren gastfreundlich sind. Menschen, die neu in eine Pfarre kommen oder sich für die Kirche interessieren, dürften nicht das Gefühl haben, „allein zu bleiben“. Jede Pfarre sollte daher eine Art „Welcome-Service“ haben. Die Versammlung habe ihm auch gezeigt, dass es notwendig ist, „bewusster von Angesicht zu Angesicht über den Glauben zu sprechen“, auch mit den Menschen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Und er wolle Jugendliche „noch mehr und direkter darauf ansprechen, ob sie nicht einen geistlichen Beruf ergreifen wollen“, so Schönborn. Erneut stellte der Kardinal klar, dass es in der Erzdiözese Wien keine Auflösung von Pfarren und keine Schließung von Kirchen geben wird. Es werde aber überlegt, Gotteshäuser anderssprachigen katholischen Gemeinden oder auch orthodoxen Gemeinden zu überlassen oder sie mit ihnen zu teilen. „Es geht nicht um schließen, sondern um teilen“, hob der Wiener Erzbischof hervor. Generell plädierte Schönborn dafür, die anderssprachigen Katholiken im Bereich der Erzdiözese stärker in den Blick zu nehmen. Unter ihnen fänden sich viele Jugendliche, die bereits in Österreich geboren und aufgewachsen sind und auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. „Sie sind unsere Mitkatholiken“, dennoch seien sie noch zu wenig im Bewusstsein der Kirche von Wien verankert, stellte der Kardinal fest.

Die drei territorialen Bischofsvikare der Erzdiözese Wien - Prälat Karl Rühringer, P. Amadeus Hörschläger und Prälat Matthias Roch - kündigten an, den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Pfarren ausbauen zu wollen. Das Bemühen um Offenheit und Gastfreundschaft müsse verstärkt werden. Auch gelte es, die Freude des Glaubens besser zu zeigen. „Wir verkünden die Frohe Botschaft und nicht das Kirchenrecht“, betonte P. Hörschläger.

In den Wortmeldungen einzelner Delegierter fanden sich u.a. Forderungen nach gezielteren Angeboten für Jugendliche, nach stärkerem Zugehen auf Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, nach mehr Engagement für das Gespräch mit Ausgetretenen sowie nach Einbeziehung von Flüchtlingen und Migranten. Den Abschluss der ersten der insgesamt drei vorgesehenen Diözesanversammlungen bildete ein festlicher Sendungsgottesdienst im Stephansdom. P. Johannes Lechner betonte in seiner Predigt, nicht Konflikte zwischen „Konservativen“ und „Liberalen“ seien das Problem in der Kirche. Zum einen seien „liberal“ und „konservativ“ keine biblischen Kategorien. „Liberale“ wollten, „dass etwas weitergeht“, und „Konservative“ wollten das Wertvolle aus der Tradition bewahren. Probleme verursachten jene, die „aggressiv“ auftreten, und jene, die sich nur „lau“ und halbherzig für ihren Glauben einsetzen.

(pm 25.10.2009 sk)







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