Mit einer programmatischen
Ansprache hat der Wiener Kardinal Christoph Schönborn die Diözesanversammlung der
Erzdiözese eröffnet. Christen müssten die derzeitige Situation akzeptieren und „manches
loslassen, was uns unersetzlich scheint“, sagte Schönborn vor mehr als 1.000 Menschen
im Stephansdom. „Eine neue Epoche des Christentums“ war der Titel seines Referats.
Der
Kardinal wörtlich:
„Wir leben nicht in den kirchenboomenden fünfziger Jahren,
in den konzilsbegeisterten sechziger Jahren, in den stürmischen Jahren nach 1968.
Wir leben heute. Sehen wir diese Zeit mit den Augen Jesu und lieben wir sie.“
Nostalgie
sei die falsche Reaktion, man müsse „Ja“ sagen zur konkreten Situation. Die Kirche
sei, besonders in Wien, gewaltig geschrumpft und werde allein aufgrund der demographischen
Situation weiter schrumpfen.
„Wir müssen Abschied nehmen, von vielem was
uns lieb, wichtig und heilig war und ist. Es wird vieles sterben. Wir müssen manches
loslassen, was uns unersetzlich scheint.“
Christen müssten neu fragen,
was „Gottes Weg in dieser Zeit“ sei und auch „Ja“ sagen zu dem, „was Förderung braucht“.
Kirchliche Gemeinden und Einrichtungen bildeten ein Netz und leisteten gemeinsam Beeindruckendes,
so Schönborn. Die Kirche - und auch die Gesellschaft - erlebe heute die „größten Veränderungen
und Umbrüche“ seit langem.
„Wir sind in einer sehr spannungsreichen Situation:
Auf der einen Seite werden wir weniger. Aber die Anforderungen werden mehr, die Not
wird größer. Je dünner die sozialen Netze werden, desto mehr ist unsere christliche
Phantasie der Nächstenliebe gefordert.“
Eindringlich appellierte der Wiener
Erzbischof an Priester und Laien, im Sinn des Zweiten Vatikanischen Konzils „Ja“ zu
sagen zur „gemeinsamen Berufung als getaufte und gefirmte Christen“. Die persönliche
Begegnung stehe dabei an erster Stelle, so Schönborn. Mission gehe nur „face to face“,
von Angesicht zu Angesicht. So solle auch die Diözesanversammlung verstanden werden:
nicht zuerst Papiere produzieren, sondern einander „face to face“ begegnen.