2009-10-23 09:37:09

20 Jahre Mauerfall: „Unglaublich, makaber und lächerlich“


RealAudioMP3 Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige ist heute 57. Aufgewachsen in Halle, 1978 in Erfurt zum Priester geweiht, lebte er fast 40 Jahre in der DDR. Sein Rückblick ist schonungslos:
„Je mehr ich mich persönlich von der DDR entferne, umso unglaublicher, makabrer und lächerlicher erscheinen mir diese Verhältnisse, die da gewesen sind.“

Kopfschüttelnd schaut Feige auf die politischen und öffentlichen Debatten, die von der Anfangseuphorie über Wende und Einheit abgesehen, bis heute nicht abgerissen sind.
„Da kann nur helfen, dass man sich immer wieder begegnet, miteinander beschäftigt und ein aufrichtiges und ehrliches Interesse füreinander hat. Ich weiß, dass es nicht nur im Osten, sondern auch im Westen Probleme gibt, und wir müssen auch diese wahrnehmen und uns solidarisch damit zeigen.“
Ist die innere Einheit gescheitert? Ist Ostalgie für viele der einzige Ausweg? Feige warnt:
„Das sind sehr einfache Fluchtreaktionen in eine angeblich heile Vergangenheit. Ich selber bin fast 40 Jahre in der DDR groß geworden. Ich weiß, was es bedeutet hat, dort zu leben. Es gab durchaus würdevolles Leben und ein herzliches Miteinander, aber das ist auch in einem Gefängnis möglich. Die Rahmenbedingungen und die menschenverachtende Weise dieses Regimes sollte man auch ganz deutlich in Erinnerung behalten, um nicht in eine phantastische euphorische Ostalgie zu verfallen.“

Ein Wunder wie das von 1989 scheint heute vielen unwirklich, in Zeiten von Kurzarbeitergeld und Hartz IV, von Landflucht, Abwanderung der jungen Generation und Ärztemangel schier unmöglich; selbst das Sommermärchen, das erst vor drei Jahren zumindest im Geiste noch einmal einen Großteil der Deutschen vor dem Brandenburger Tor vereinte, ist nicht mehr greifbar.
„Alles hat seine Zeit“, meint Bischof Feige:
„Alles hat seinen Kairos und momentan ist die Stimmung nicht so, dass eine solche Aufbruchsbewegung denkbar wäre. Wir bräuchten tatsächlich innerlich und äußerlich einen Mentalitätswandel in unserer Gesellschaft.“
(rv 22.10.2009 bp)







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