Vatikan: „Personalordinariate garantieren konversionswilligen Anglikanern ihre Tradition“
Die anglikanische
Weltgemeinschaft reagiert verhalten auf die Ankündigung des Vatikans, den Übertritt
konversionswilliger Anglikaner zu erleichtern. Man rechne weder mit Massenkonversionen,
noch könne man konkrete Zahlen nennen, sagte eine Sprecherin des Ehrenprimas in London
gegenüber der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Der Vatikan hatte am
Dienstag angekündigt, dass übertrittswillige Anglikanergemeinden künftig leichter
in volle und sichtbare Gemeinschaft mit der katholischen Kirche eintreten können.
Zu diesem Zweck soll die neue Rechtsform des Personalordinariats – eine Art „abgespeckte“
Diözese, vergleichbar mit einem Militärordinariat – eingerichtet werden.
Die
neuen Ordinariate sollen in Abstimmung mit den jeweiligen nationalen Bischofskonferenzen
je nach Bedarfslage errichtet werden. Das erklärte gegenüber Radio Vatikan Mark Langham.
Er ist im Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen für den Dialog mit den Anglikanern
zuständig. Das Personalordinariat ist ein Novum, so Langham. Bisher waren Übertritte
zur katholischen Kirche in der Regel nur einzeln, nicht aber für Gruppen oder Gemeinden
möglich.
„Das Personalordinariat ist eine neue kirchliche Struktur, damit
übertrittswillige Anglikaner zwar katholisch werden doch gleichzeitig ihre Traditionen
bewahren können. Denn für Anglikaner sind ihre Liturgie, Gebete und Spiritualität
sehr wichtig. Paul VI. sprach beispielsweise vom so genannten anglikanischen Reichtum.
Konkret wird es nun so aussehen, dass es für jedes entsprechende Land ein Ordinariat
geben kann, falls dies gewünscht wird. Diese Ordinariate sind direkt den jeweiligen
nationalen Bischofskonferenzen unterstellt und somit eng mit der katholischen Kirche
verbunden und werden eng mit der Glaubenskongregation zusammenarbeiten. Diese Gläubigen
werden also 100 Prozent Katholiken sein und müssen ihren Glauben auch öffentlich kundtun,
indem sie den katholischen Katechismus akzeptieren.“
In Großbritannien
begrüßten am Dienstag der anglikanische Primas und Erzbischof von Canterbury, Rowan
Williams, und der katholische Erzbischof von Westminster, Vincent Gerard Nichols,
die vatikanische Maßnahme als notwendige Klärung. Langham:
„Es gibt viele
Gruppen innerhalb der so genannten Church of England, die sehr froh sind, dass der
Papst diese Konstitution in ein paar Wochen erlassen wird. Das sind vor allem anglikanische
Gruppen des katholischen Flügels. Denn innerhalb der anglikanischen Gemeinschaft gibt
es verschiedene Fraktionen. Sie kennen ja kein einheitliches Lehramt wie wir. Bildlich
gesprochen sind sie eine Tischgemeinschaft, an der jeder sitzen darf, wo er will.
Der eine sitzt auf der rechten Seite, der andere auf der linken und ein weiterer befindet
sich zwei Schritte hinter dem Tisch. Es gab auch Gruppen, die den Papstbeschluss kritisch
sehen. Doch im Allgemeinen wird die Apostolische Konstitution als Ansporn für den
ökumenischen Dialog zwischen Anglikanern und Katholiken angesehen.“
Der
vatikanische Anglikaner-Fachmann Langham sieht demnach keine Schwierigkeiten im künftigen
Dialog zwischen Katholiken und der anglikanischen Weltgemeinschaft.
„Aus
katholischer Sicht wird der Dialog mit der anglikanischen Kirche weitergehen. Denn
der ökumenische Dialog ist etwas anderes als die Anfrage des Übertritts, die wir von
vielen anglikanischen Gruppen erhalten haben. Das sind also zwei verschiedene Paar
Schuhe. So werden wir beispielsweise nächste Woche die offiziellen Gespräche mit der
anglikanischen Kirche fortführen.“
Das Interesse von Beobachtern richtet
sich nun darauf, wie die Lösung kirchenrechtlich aussehen wird. Denn mit der künftigen
Regelung können ehemalige anglikanische Gemeinden in einer katholischen Diözese Gottesdienst
mit Elementen ihrer Tradition feiern. Auch blieben im ökumenischen Dialog viele Fragen
offen, so Langham.
„Die schwierigen Fragen sind ja bekannt. Es geht um Frauenpriestertum,
Ordinierung von Frauen zu Bischöfinnen, die Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren
oder die Ordinierung von praktizierenden Homosexuellen. Für uns Katholiken handelt
es sich bei diesen Fragen um klare Brüche der apostolischen Tradition. Doch es gibt
noch weitere Punkte, die wir ansprechen müssen und die tiefgründiger sind. Es geht
um die Frage der kirchlichen Autorität. Das ist wohl die schwierigste aller Fragen.
Denn in der anglikanischen Kirche dürfen so genannte Kirchenprovinzen selber entscheiden,
was sie einführen möchten. Doch so gibt es keine klare und einheitliche Linie. Das
macht im Übrigen den Dialog auch schwierig, weil es so viele und so verschiedene Positionen
gibt.“
Nun müssten die konversionswilligen Anglikaner, die sich zuvor an
den Heiligen Stuhl gewandt hätten, auf den Schritt des Vatikans antworten, so Langham.
Er erwartet diese Antwort Anfang nächsten Jahres.