Dokumentation: Botschaft zum Weltmissionssonntag 2009
Gewalt und Einschüchterungen dürfen kein Hindernis für den Missionsauftrag sein, den
Christus der Kirche erteilt. Daran erinnert Papst Benedikt XVI. in seiner Botschaft
zum Weltmissionstag am 18. Oktober. Wir dokumentieren hier den Wortlaut der Botschaft:
„Die Völker werden in diesem Licht einhergehen“ (Offb 21,24)
An
diesem Sonntag, der der Mission gewidmet ist, wende ich mich insbesondere an euch,
Brüder im Bischofs- und Priesteramt, und dann auch an euch, Brüder und Schwestern
des ganzen Gottesvolkes, und ermuntere einen jeden, auf den Spuren des Völkerapostels
Paulus in sich das Bewußtsein für den Sendungsauftrag Christi „Macht alle Menschen
zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19) neu zu wecken. „Die Völker werden in diesem Licht
einhergehen“ (Offb 21,24). Ziel der Mission der Kirche ist es in der Tat, alle Völker
auf ihrem Weg zu Gott durch die Geschichte mit dem Licht des Evangeliums zu erleuchten,
damit sie in Ihm ihre Verwirklichung und ihre Erfüllung finden. Wir sollen das Verlangen
und die Leidenschaft spüren, alle Völker mit dem Licht Christi zu erleuchten, das
auf dem Antlitz der Kirche erstrahlt, damit alle sich unter der liebevollen Vaterschaft
Gottes in einer einzigen Menschheitsfamilie versammeln. In dieser Perspektive
arbeiten die Jünger Christi über die ganze Welt verstreut, sie mühen sich ab, sie
stöhnen unter der Last des Leids und geben das Leben hin. Ich betonte mit Nachdruck,
was meine verehrten Vorgänger mehrmals gesagt haben: Die Kirche handelt nicht, um
ihre Macht auszudehnen oder ihre Vorherrschaft durchzusetzen, sondern um allen Menschen
Christus, das Heil der Welt, zu bringen. Wir wollen nichts anderes, als uns in den
Dienst der Menschen zu stellen, vor allem der Notleidenden und Ausgegrenzten, denn
wir glauben, daß „die Verkündigung des Evangeliums an die Menschen unserer Zeit …
ohne Zweifel ein Dienst ist, der nicht nur der Gemeinschaft der Christen, sondern
der ganzen Menschheit erwiesen wird“ (Evangelii nuntiandi, 1), die „zwar erstaunliche
Errungenschaften aufzuweisen hat, aber sie scheint den Sinn für letzte Wirklichkeiten
und für das Dasein selbst verloren zu haben“ (Redemptoris missio, 2).
1. Alle
Völker sind zum Heil berufen
Die ganze Menschheit ist wahrlich von Grund
auf dazu berufen, zur eigenen Quelle zurückzukehren, die Gott ist, in Dem allein sie
ihre endgültige Erfüllung durch die Wiederherstellung aller Dinge in Christus finden
wird. Die Zerstreuung, die Verschiedenheit, der Konflikt, die Feindschaft werden durch
das Blut des Kreuzes versöhnt und wieder zur Einheit geführt.
Der neue Anfang
hat bereits mit der Auferstehung und Verherrlichung Christi begonnen, der alle Dinge
an sich zieht, sie erneuert und sie an der ewigen Freude Gottes teilhaben läßt. Die
Zukunft der neuen Schöpfung erstrahlt bereits in unserer Welt und entfacht, trotz
aller Widersprüche und allen Leids, die Hoffnung auf neues Leben. Die Sendung der
Kirche besteht darin, alle Völker mit dieser Hoffnung „anzustecken“. Deshalb beruft
Christus seine Jünger, er macht sie gerecht und heilig und sendet sie aus, damit sie
das Reich Gottes verkünden, auf daß alle Nationen zum Volk Gottes werden. Und nur
in dieser Sendung wird der wahre Weg der Menschheit in der Geschichte verständlich
und authentisch. Die Weltmission muß eine grundlegende Konstante im Leben der Kirche
werden. Die Verkündigung des Evangeliums muß für uns, wie schon für den Apostel Paulus,
unaufschiebbar und vorrangig sein.
2. Die pilgernde Kirche
Die
Weltkirche, in der es weder Grenzen noch Barrieren gibt, fühlt sich angesichts ganzer
Völker für die Verkündigung des Evangeliums verantwortlich (vgl. Evangelii nuntiandi,
53). Sie ist Keim der Hoffnung aus Berufung und soll den Dienst Christi an der Welt
fortführen. Ihre Mission und ihr Dienst richten sich nicht nach dem Maß der materiellen
oder auch geistigen Bedürfnisse, die sich im Rahmen des zeitlichen Lebens erschöpfen,
sondern eines transzendenten Heils, das sich im Reich Gottes erfüllt (vgl. Evangelii
nuntiandi, 27). Obwohl dieses Reich in seiner Vollendung eschatologisch und nicht
von dieser Welt (vgl. Joh 18,36) ist, besteht es doch in dieser Welt und in ihrer
Geschichte als Kraft der Gerechtigkeit, des Friedens, der wahren Freiheit und der
Achtung der Würde jedes Menschen. Die Kirche strebt danach, die Welt durch die Verkündigung
des Evangeliums der Liebe zu verwandeln, die „eine dunkle Welt immer wieder erhellt
und uns den Mut zum Leben und zum Handeln gibt … und damit das Licht Gottes in die
Welt einzulassen“ (vgl. Deus caritas est, 39). Zur Mitwirkung an dieser Sendung und
an diesem Dienst möchte ich, auch mit dieser Botschaft, alle Mitglieder und Einrichtungen
der Kirche aufrufen.
3. Missio ad gentes
Die Sendung
der Kirche besteht also darin, alle Völker zum Heil zu rufen, das Gott durch seinen
menschgewordenen Sohn gewirkt hat. Es ist deshalb notwendig, daß wir den Einsatz für
die Verkündigung des Evangeliums erneuern, welches Ferment der Freiheit und des Forschritts,
der Brüderlichkeit, der Einheit und des Friedens ist (vgl. Ad gentes, 8). Ich möchte
„erneut bekräftigen, daß der Auftrag, allen Menschen die Frohbotschaft zu verkünden,
die wesentliche Sendung der Kirche ist“ (Evangelii nuntiandi, 14), eine Aufgabe und
eine Sendung, die durch die weitreichenden und tiefgreifenden Veränderungen der heutigen
Gesellschaft noch dringlicher werden. Es steht das ewige Heil der Menschen auf dem
Spiel, das Ziel und die Erfüllung der Menschheitsgesichte und des Universums selbst.
Vom Völkerapostel ermutigt und inspiriert, müssen wir uns dessen bewußt sein, daß
Gott viel Volk in allen Städten gehört, die auch von den heutigen Aposteln durchquert
werden (vgl. Apg 18,10). In der Tat gilt die Verheißung „all denen in der Ferne, die
der Herr, unser Gott, herbeirufen wird“ (Apg 2,39). Die ganze Kirche muß an der
missio ad gentes mitwirken, bis die rettende Herrschaft Christi ganz verwirklicht
ist: „Jetzt sehen wir noch nicht alles ihm zu Füßen gelegt“ (Hebr 2,8).
4. Berufen
auch durch das Martyrium zu evangelisieren
An diesem der Mission gewidmeten
Tag gedenke ich im Gebet aller, die ihr Leben ganz der Evangelisierungstätigkeit geweiht
haben. Besonders erwähnen möchte ich jene Ortskirchen und jene Missionare und Missionarinnen,
die das Reich Gottes in Situationen der Verfolgung bezeugen und verbreiten, wo Formen
von Unterdrückung herrschen, die von der gesellschaftlichen Diskriminierung bis zu
Gefängnis, Folter und Tod reichen. Es sind nicht wenige, die derzeit um seines „Namens“
willen getötet werden. Es ist immer noch erschreckend aktuell, was mein verehrter
Vorgänger Papst Johannes Paul II. schrieb: „Das Gedächtnis des Jubiläums hat uns einen
überraschenden Schauplatz eröffnet. Es hat uns gezeigt, daß unsere Zeit reich ist
an Zeugen, die auf je eigene Weise trotz Widerstand und Verfolgung das Evangelium
zu leben vermochten und dabei oft bis zur höchsten Hingabe des Blutes gegangen sind“
(Novo millennio ineunte, 41). Die Teilhabe an der Sendung Christi kennzeichnet
in der Tat das Leben der Verkünder des Evangeliums, denen das gleiche Schicksal vorbehalten
ist, das auch ihrem Meister widerfuhr. „Denkt an das Wort, das ich euch gesagt habe:
Der Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie
auch euch verfolgen.“ (Joh 15,20). Die Kirche begibt sich auf denselben Weg und erduldet
dasselbe Schicksal Christi, denn sie handelt nicht auf der Grundlage einer menschlichen
Logik, noch rechnet sie mit der Macht der Kraft, sondern sie folgt dem Weg des Kreuzes
und wird in kindlichem Gehorsam gegenüber dem Vater Zeugin und Weggefährtin der Menschheit. Die
alten Kirchen ebenso wie die neuerer Gründung erinnere ich daran, daß sie vom Herrn
als Salz der Erde und Licht der Welt errichtet wurden und berufen sind, Christus,
das Licht der Völker, bis an das äußerste Ende der Erde zu verbreiten. Die missio
ad gentes muß deshalb Priorität in ihren Pastoralprogrammen haben. Den Päpstlichen
Missionswerken danke ich und ermutige sie bei ihrer unverzichtbaren missionarischen
Informations- und Bildungsarbeit und bei der materiellen Unterstützung der jungen
Kirchen. Durch diese päpstlichen Institutionen verwirklicht sich auf wunderbare Weise
die Gemeinschaft unter den Kirchen durch den Austausch von Gaben sowie in gegenseitiger
Fürsorge und in gemeinsamen missionarischen Projekten.
5. Schluß
Der
missionarische Elan ist stets Zeichen der Lebendigkeit unserer Kirchen gewesen (vgl.
Redemptoris missio, 2). Es muß jedoch auch betont werden, daß die Evangelisierung
ein Werk des Geistes ist und daß sie vor aller Aktivität zunächst Zeugnis und Ausstrahlung
des Lichtes Christi (vgl. Redemptoris missio, 26) seitens der Ortskirche ist, die
ihre Missionare und Missionarinnen aussendet, damit diese über die eigenen Grenzen
hinausgehen. Deshalb bitte ich alle Katholiken um das Gebet zum Heiligen Geist, daß
er in der Kirche die Leidenschaft für die Mission wachsen lasse, das Reich Gottes
zu verbreiten und die Missionare und Missionarinnen zu unterstützen wie auch die christlichen
Gemeinden, die sich an vorderster Front, bisweilen in einem feindlichen Umfeld der
Verfolgung, für diese Sendung einsetzen. Zugleich lade ich alle ein, die Gemeinschaft
unter den Kirchen durch die materielle Unterstützung glaubhaft zu bezeugen, insbesondere
auch in der Zeit der Krise, die die Menschheit gegenwärtig erlebt, damit die jungen
Ortskirchen in der Lage sind, die Völker mit dem Evangelium der Liebe zu erleuchten. In
unserem missionarischen Handeln leite uns die Jungfrau Maria, der Stern der Neuevangelisierung,
die der Welt Christus geschenkt hat, der zum Licht für die Völker gemacht wurde, damit
er „bis an das Ende der Erde“ (Apg 13,47) das Heil bringen möge. Allen erteile
ich meinen Segen.