Der Vatikan beschäftigt
sich demnächst mit den angeblichen Marienerscheinungen und dem Wallfahrtsbetrieb von
Medjugorje in Bosnien-Herzegowina. Nach dem Ortstermin einer römischen Delegation
konstituiert sich voraussichtlich im November eine neue Kommission, die das Phänomen
untersuchen soll. Das berichtet die Katholische Nachrichtenagentur. Eine Entscheidung
sei nicht sehr bald zu erwarten - sicher nicht mehr in diesem Jahr.
Die Untersuchung
dreht sich nicht in erster Linie um eine Bewertung der angeblichen Erscheinungen und
Visionen, die Anfang der 80er Jahre begonnen haben sollen. Abschließende Urteile zu
solchen Fragen gibt der Vatikan ja immer erst grundsätzlich nach dem Ende solcher
Phänomene ab. Stattdessen soll die Kommission über das geistliche Leben und die Pilgerströme
in Medjugorje nachdenken – und über eine geeignete pastorale Begleitung der Besucher.
Denn trotz Zurückhaltung und sogar negativer Voten der örtlichen Kirchenleitung kommen
jährlich mehrere hunderttausend Menschen zu Gottesdiensten, Gebeten und regem Sakramentenempfang.
Auch wenn Medjugorje nicht als Wallfahrtsort anerkannt ist, reisen viele Gläubige
in Gruppen an, begleitet von Priestern. Diesen Pilgerströmen wolle man Orientierungen
anbieten.
Der Vatikan hat vor mehr als zehn Jahren klargestellt, dass offizielle
kirchliche Pilgerfahrten nach Medjugorje verboten sind. Private Besuche seien hingegen
möglich, soweit sie nicht als Anerkennung der Ereignisse gewertet würden. Der Mann,
der diese Linie damals von der Glaubenskongregation ausgab, ist der jetzige Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone.
Blickt man auf die Homepage des Bistums Mostar, in dem Medjugorje
liegt, dann findet man reiches Textmaterial, das einen Schatten auf die angeblichen
Marienerscheinungen wirft. Vor allem die Franziskaner, die in dem Ort stark vertreten
sind, erscheinen dadurch in schlechtem Licht. Einer der engagiertesten Köpfe im Umfeld
der so genannten „Seher“, Pater Tomislav Vlasic, habe diesen geradezu „diktiert“,
was sie als Marien-Botschaft den Pilgern sagen sollten. Dadurch habe sich einmal auch
eine richtiggehende theologische Häresie in eine solche „Botschaft“ eingeschlichen.
Die Erscheinung habe angeblich auch Pater Vlasics Werk gelobt und ihn als spirituellen
Führer empfohlen, woraufhin dieser einen „Geburtstag der Gospa“ erfunden habe. Vlasic
ist zu Jahresbeginn vom Papst in den Laienstand versetzt worden; ihm droht die Exkommunikation.