2009-10-16 11:03:27

Synode: Sudan, ein Drama


RealAudioMP3 Die Krise in Darfur im Westsudan wirke wie „Peanuts“ im Vergleich zur derzeitigen Lage im Südsudan. Das sagte im Gespräch mit uns der Erzbischof von Khartoum, Kardinal Gabriel Zubeir Wako, der bei der Afrikasynode im Vatikan vertreten ist. Die instabile Situation im Süden gefährde derzeit den Frieden im ganzen Land. Die internationale Gemeinschaft habe zwar im Moment wenig Einflussmöglichkeiten, sie sollte sich aber zumindest darum bemühen, eine Verschärfung des Konflikts zu verhindern, sagte der Kardinal in der Synodenaula.

Zur Art der Gewalt sagte Zubeir Wako:
„Es ging aus von Gewalt zwischen Stämmen. Und dann kam die Instrumentalisierung durch die Politik. Bestimmte Machthaber rekrutierten hier ihre Kämpfer und gaben ihnen Waffen. Denn ich glaube nicht, dass Waffen ins Land kommen, ohne dass jemand sie bezahlt. Jetzt richtet sich die Gewalt gegen unschuldige Dörfer. Während die früheren Reibereien zwischen Stämmen gewissermaßen ein Ziel hatten – Zugang zu Wasser und Weidegründen und Ähnliches – gehen die Krieger jetzt einfach herum und schlachten wahllos Leute ab. Es sind Massaker, es ist ein Töten ohne Ziel. Und die Opfer sind eher Kinder und Frauen als Männer. Sie treiben sie zusammen und schießen sie tot. Es gibt keine Situation von Krieg, die so etwas rechtfertigen würde.“
 
Der Süden hat eine gewisse Autonomie innerhalb des Sudans. Das nehme die Zentralregierung zum Vorwand, nicht das geringste gegen das Schlachten zu unternehmen, so der Kardinal. Die Stimme der Kirche werde im Südsudan nicht gehört. Anders liegen die Probleme im muslimisch dominierten Norden des Landes.
 
„Die Frage der Rechte der Christen ist dort noch lange nicht ausgestanden. Es gibt viele Erklärungen über eine positivere Politik gegenüber Christen. Im Friedensabkommen vor vier Jahren etwa stand, dass bestimmte Gesetze revidiert werden sollten, die die Rechte von Nicht-Moslems einschränken. Bloß: Inzwischen hat das Parlament beschlossen, diese Gesetze beizubehalten. Das verursacht Reibungen. So können wir als Kirche beispielsweise im Nordsudan keine Kirchen bauen, und man bereitet uns Schwierigkeiten, Grundstücke für unsere Aktivitäten zu erwerben. Priester dürfen nicht ausreisen, und sie müssen zum Heer, im Gegensatz zu muslimischen Geistlichen. Neuerdings gibt es eine Regierungskommission für die Rechte der Nicht-Muslime. Das ist eine Kommission auf Papier.“
 
Vor den gewaltigen sozialen und politischen Missständen gerate völlig aus dem Blick, wie positiv die Arbeit der Kirche im Sudan ist, hob Zubeir Wako im Gespräch mit uns hervor:
„Eine Sache, von der wir uns wünschen, dass die Synode und die Weltkirche sie zur Kenntnis nimmt, ist: Es gibt eine Kirche im Sudan – und sie funktioniert. Über all die Jahre des Krieges hinweg waren wir die einzige Größe, die immer an der Seite der Leute geblieben ist.“
 
In der sudanesischen Hauptstadt Khartoum etwa – dem Erzbistum Zubeir Wakos – bemühte sich die Kirche sehr um eine besondere Form der Investition in die Zukunft, nämlich in Bildung. Allein: ohne bleibende materielle Hilfe von Außen ist dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt.
„In den 80er Jahren öffneten wir in Khartoum 120 Volksschulen, an denen 42.000 Kinder unterrichtet wurden. Dahinter stand die Bemühung, diese Kinder weg von der Straße zu bekommen und sicherzustellen, dass wir in Zukunft ausgebildete Laien haben, die für die Entwicklung des Landes und für die Verteidigung der Armen arbeiten können. Leider mussten wir dieses Projekt einstellen, weil uns die Mittel ausgingen. Denn jene, die uns unterstützt hatten, sagten uns: Europa steckt jetzt selbst in der Krise, und überdies ist eure Regierung jetzt soweit, die Schulen selber zu tragen. Ich habe einige von diesen Leuten nach Khartoum eingeladen, ihnen Kinder gezeigt, die jetzt wieder auf der Straße sind, und sie gefragt: „Wenn sich jetzt die Regierung um diese Kinder kümmert, warum sind sie nicht in der Schule?“
 
(rv 16.10.2009 gs)







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