Magazin „Kreuzfeuer": Neues Vertrauen in der Ökumene?
„Das Vertrauen ist
wiederhergestellt“. Ein Zwischenruf zum Stand der Ökumene in Deutschland. - Das Magazin
behielt seinen Sendetitel „Kreuzfeuer“ - denn bis Mittwochabend hieß der Arbeitstitel
der Sendung noch „Das Vertrauen ist gravierend gestört“. Eine Sendung von Birgit
Pottler:
„Offenes und konstruktives Gespräch“ Katholische
und Evangelische Kirche in Deutschland haben die Missstimmung der vergangenen Wochen
ausgeräumt. Am Mittwochabend trafen sich Vertreter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz
und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Karlsruhe zu einem
klärenden Gespräch. Ein für diese Woche turnusgemäß angesetztes Treffen des evangelisch-katholischen
Kontaktgesprächskreises hatte die Bischofskonferenz zuvor abgesagt. „Das Gespräch
wurde offen, konstruktiv und im Geist christlicher Geschwisterlichkeit geführt. Beide
Seiten sind davon überzeugt, dass das beschädigte Vertrauen wiederhergestellt werden
kann und wird“, heißt es in einer anschließend veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Evangelische
Seite entschuldigt sich „Stein des Anstoßes“ war ein Text über Vorgänge
in der römisch-katholischen Kirche und das katholisch-evangelische Verhältnis, der
der Kirchenkonferenz der EKD zu ihrer Sitzung am 2. Juli 2009 vorlag und im August
einigen Medien und auch Mitarbeitern der Bischofskonferenz zugespielt wurde. Anfang
Oktober wurde in der Presse daraus zitiert. Die Kirchenkonferenz habe sich diesen
Text jedoch in keiner Weise zu eigen gemacht; und „ihn vielmehr klar zurückgewiesen“.
Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, distanzierte sich von dem internen
Thesenpapier, in dem die katholische Kirche in Deutschland als führungsschwach und
verunsichert dargestellt wurde, und bezeichnete es als „Missgriff“ und „Einzelmeinung“.
Das Papier von Oberkirchenrat Thies Gundlach „wurde später anonym, missbräuchlich
und gezielt verbreitet“. Huber sagte gegenüber Radio Vatikan: „Wir
haben als evangelische Seite um Entschuldigung gebeten bei allen, die ihre Kirche
und sich persönlich durch einzelne anstößige Aussagen in dem Text, der zur Rede stand,
beschwert fühlen. … Der Text von Thies Gundlach war ein Text zur Vorbereitung einer
Diskussion. Da aber ein Text, der in einen großen Kreis hinein verschickt wird, nicht
vertraulich bleibt, hätte er erst gar nicht verschickt werden dürfen. Thies Gundlach
hat auch selbst eingesehen, dass man manche Dinge nicht so zugespitzt formulieren
kann. Er hat sich insofern selbst von seinem eigenen Text distanziert.“
Ein
Blick zurück: Das Papier des in EKD für Ökumenefragen zuständigen Gundlach
diagnostizierte in der katholischen Kirche „irritierende Phänomene“, „handwerkliche
Fehler“ und „grundlegende Unsicherheiten“. Dem Bischofskonferenzvorsitzenden Robert
Zollitsch spricht Gundlach die „orientierende und prägende Kraft“ ab. Für die evangelische
Seite reklamiert der Verfasser die intellektuelle Marktführerschaft in der Gesellschaft.
Auszüge
aus dem EKD-Papier Wohl geht das Papier aus von einer „breiten, stabilen und
zuversichtlich stimmenden Grundlage“; die Basis Ökumene in Deutschland sei zu Recht
vielgelobt und das Verhältnis zwischen beiden Kirchen sei weitgehend „sachlich orientiert
und partnerschaftlich ausgerichtet“. Die Ökumenische Aufbruchswelle nach dem Zweiten
Vatikanischen Konzil habe in der „Gemeinsamen Rechtfertigungserklärung“ 1999 ihren
symbolischen Höhepunkt und vorläufigen Schlussstein gefunden. Seit 1999 seien die
Signale der Verschiedenheit und der Andersartigkeit stärker geworden, so Gundlach
und zählt offenbar auf evangelischer Seite doch nicht vergangene Einzelheiten aus
zehn Jahren auf: Den Auftakt machte das Dokument Dominus Jesus aus
dem Jahr 2000, das mit der berühmt-berüchtigten Formulierung von den Reformationskirchen,
die nicht Kirchen „im eigentlichen Sinne seien“, einen Klang in die ökumenischen Beziehungen
eintrug, der in dieser Deutlichkeit für große Verwunderung und Enttäuschung gerade
bei denen sorgte, die mit Herz und Engagement jene gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre
vorangetrieben hatten. … Seither tauchte immer häufiger das Stichwort von der „ökumenischen
Eiszeit“ bzw. dem „ökumenischen Stillstand“ auf. (…) Seit dem Amtsantritt
Benedikt XVI. am 19. April 2005 sind insgesamt Irritationen zu
spüren, die keineswegs nur auf interne Dimensionen der römisch-katholischen Weltkirche
bezogen bleiben, sondern die Grundfrage auslösen, ob die römisch-katholische Kirche
mit diesem Papst ihr Verhältnis zum 2. Vaticanum neu justieren
will. (…) Nimmt man … nur jene gleichsam „hausgemachten, Irritationen“ seit
Amtsantritt Benedikts XVI. in den Blick, dann bieten sich zwei grundverschiedene Deutungen
an: Entweder man vermutet eine gewisse Inkompetenz der Vatikanführung, die sich zwar
theologisch außerordentlich präzise und kenntnisreich zu äußern versteht, die aber
die diplomatischen Empfindlichkeiten und potenziellen politischen Störungen nicht
angemessen einzuschätzen vermag, oder aber man nimmt Absicht und Strategie an und
vermutet, dass der Vatikan eine Distanzierungspolitik von den wesentlichen Errungenschaften
des 2. Vaticanum anstrebt.
Dass bei der Einführung von Reinhard Marx als
Erzbischof in München und Freising nicht alle bayerischen Bischöfe dabei gewesen seien,
wertet Oberkirchenrat Gundlach als einen Hinweis auf ernste Differenzen im deutschen
Episkopat. Die Debatte um den künftigen Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken wird der katholischen Seite ebenso angelastet wie die Schwierigkeiten an
der katholischen Universität Eichstätt.
Neben diesen
vielleicht noch als „handwerkliche Fehler“ und „vorübergehende Irritationen“ deutbaren
Ereignissen finden sich einige Indizien, die auf grundlegendere Unsicherheiten hinweisen.
(…) Die intellektuelle und positionelle Präsenz in gesellschaftlich relevanten
und politisch heiklen Fragen wird in den letzten Jahren deutlich von der
evangelischen Kirche dominiert und geprägt. Die inhaltliche Profilierung
der christlich-kirchlichen Positionen im Diskurs der Gesellschaft verantwortet nicht
selten die evangelische Kirche, die zum Teil aufgrund ihrer Flexibilität auch gemeinsame
Positionen mit der römisch-katholischen Kirche modifiziert hat, um nicht in eine prinzipielle
Verweigerung gegenüber neueren Entwicklungen und Einsichten zu geraten (Stichwort
Stichtagsverschiebung). In den Augen der römisch katholischen Geschwister sieht dies
mitunter aus wie ein „unsicherer Kantonist“, im Selbstverständnis der evangelischen
Kirche ist die Lernbereitschaft und Kompromissfähigkeit im Blick auf das relativ Beste
stärker ausgeprägt.
Die von Bistum zu Bistum unterschiedlichen Reformprozesse
sorgten für große Verunsicherung. Der deutsche (ebenso wie der weltweite) Katholizismus
habe erhebliche Mühe, die notwendigen und unabwendbaren Pluralisierungen intern aufzufangen.
Gundlach macht „mindestens zwei“ einander „massiv bekämpfende Richtungen“ aus;
ihre angeblichen Repräsentanten: der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller für
Kardinal Karl Lehmann. Der Lutheraner unterscheidet folgende Strömungen: Die
vorläufig noch in der Minderheit seiende Richtung, die eine Rückkehr „hinter das Vaticanum
II“ für eine angemessene Profilierungsstrategie hält, und die gegenwärtig wohl noch
die Mehrheit habende Richtung, die die Errungenschaften des 2. Vaticanums für eine
unaufgebbare Öffnung der katholischen Kirche für die Gegenwart hält. (…) Das
Ringen dieser beiden Positionen bzw. Strategien wird das Verhältnis der römischkatholischen
Kirche zur evangelischen Kirche in Deutschland auch in naher Zukunft prägen. Wie ein
angeschlagener Boxer wird die katholische Kirche schwanken zwischen öffnenden
Gesten und ruppiger Abgrenzung, zwischen ökumenischen Einladungen und profilierender
Abgrenzung.
Die evangelische Kirche kenne „dieses interne Ringen zwischen
Profil und Öffnung ebenfalls sehr gut“ und werde daher „Verständnis und Geduld für
die römisch katholischen Geschwister aufbringen und mit Dankbarkeit die Gesprächsfäden
aufgreifen, die sich anbieten“. Zugleich aber wird die evangelische
Kirche sich daran erinnern, dass sie etwas erfahrener ist in der Anerkennung der Verschiedenheit
und in der gegenseitigen Achtung des Unterschiedenen, so dass sie gelassener im Umgang
mit Vielfalt und Pluralität ist. Grund zur Überheblichkeit habe die Evangelische
Kirche in Deutschland nicht, „denn eine verunsicherte römisch-katholische Kirche“
schwäche „das gemeinsam Christliche in einer Gesellschaft, die sich nach Geborgenheit
und Zuversicht sehnt in Zeiten der Sorgen“.
„Vertrauen gravieren gestört“ Die
Reaktionen, nachdem das interne Papier seit Anfang Oktober schließlich für öffentliche
Debatten sorgte: „Das Papier des EKD-Kirchenamtes enthält harte Worte“, sagte
der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz Matthias Kopp.„In dieser Situation
wäre es falsch, einfach zur Tagesordnung des halbjährlichen Kontaktgesprächskreises
zwischen Bischofskonferenz und EKD-Rat überzugehen. Die Absage des Kontaktgesprächskreises
und die Vereinbarung eines klärenden Gespräches sollen helfen, ein derzeit sehr belastendes
und in der Öffentlichkeit breit diskutiertes Problem zu lösen.“ „Das Vertrauen
ist gravierend gestört“, sagte der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.
Das EKD-Papier zeuge von einer „bislang nicht gekannten mangelnden ökumenischen Sensibilität“,
so der Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz in der Würzburger
„Tagespost“ (14.10.). Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick - zu seinem
Erzbistum gehören die Region Ansbach und Teile der Stadt Nürnberg - ist auf ein gutes
Klima in der Ökumene angewiesen. Auf Ortsebene gehe das Miteinander auch gut, aber
das EKD-Papier enthalte „Vorwürfe und Sichtweisen, die hinter das zurückgehen, was
wir bisher als Stand der Ökumene angenommen haben. Das ist eine große Verunsicherung,
eine große Störung, jetzt muss erst darüber gesprochen werden“.
Zeitpunkt
für Störfeuer denkbar ungünstig Der Zeitpunkt, zu dem
die interne Kritik aus der EKD an die Öffentlichkeit kam, war denkbar ungünstig. Am
31. Oktober feiert die Ökumene den 10. Jahrestag der gemeinsamen Unterzeichnung der
Rechtfertigungserklärung in Augsburg, und wenige Monate vor dem Zweiten Ökumenischen
Kirchentag sind derartige Irritationen störend. Schick: „Wir haben miteinander Augsburg
geplant, und wollen diese Feier durchführen; der Ökumenische Kirchentag in München
ist geplant; er steht unter dem Thema der Hoffnung. Diese Störfeuer begünstigen diese
beiden Ereignisse ganz sicher nicht günstig.“
Umso günstiger der Ausgang des
Treffens im kleinen Kreis. Für die katholische Seite waren beteiligt der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, Kardinal Karl Lehmann
und Bischof Gerhard Ludwig Müller, dazu der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz,
Pater Hans Langendörfer SJ. Auf evangelischer Seite nahmen teil: der Vorsitzende des
Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, Landesbischof Ulrich Fischer und Landesbischof
Johannes Friedrich, dazu der Präsident des Kirchenamtes der EKD, Hermann Barth.
Wurde
das Vertrauen wieder hergestellt? Bischof Wolfgang Huber:„Diese
Frage kann man uneingeschränkt mit Ja beantworten. Wir sind davon überzeugt, dass
durch dieses offene konstruktive Gespräch, das von einem Geist christlicher Geschwisterlichkeit
geprägt war, die Unklarheiten, Anstöße und nachvollziehbaren Verletzungen ausgeräumt
worden sind.“ Bischof Gerhard Ludwig Müller:„Das kann man so sagen.
Das Vertrauen war durch diese Textvorlage ja etwas angekränkelt, aber es war nicht
komplett in Frage gestellt. Wir kennen uns alle und sind seit vielen Jahren Teilnehmer
am Kontaktgesprächskreis und haben ein Grundvertrauen.
„Niedrig
und gemein“ Dass das Papier anonym und gezielt verbreitet wurde, sei eine
Handlungsweise, „die man nur als niedrig und gemein bezeichnen kann“, sagte Huber.
Sie verdiene es nicht, dass man nach ihren Motiven fragt. Verdient sie Nachforschungen
und Konsequenzen? Oder ist der Vorgang nach dem klärenden Gespräch vom Tisch? „Die
Sache ist vom Tisch, und sie würde im Nachhinein ja nicht besser, wenn wir wüssten
auf welchem Weg dieser Text an die Öffentlichkeit gekommen ist. Wenn sich das herausstellen
würde und es gäbe in unserem eigenen Bereich einen Vertrauensbruch, dann müsste das
natürlich Konsequenzen haben. Aber wir werden keine gezielten Anstrengungen unternehmen.
Wir haben wichtigeres zu tun, als mit der Stange im Nebel zu stochern.“
„Früher
zum Telefon greifen“ und Schaden vermeiden „Wir haben
wieder eine gute Basis für die Ökumene in Deutschland gefunden“, sagte der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nach dem Gespräch.
Nun gelte es, den Blick nach vorne zu richten. Störfeuer wie dieses sollen künftig
vermieden werden, sagte Zollitsch im Domradio: „Wir haben vereinbart, dass wir
dann, wenn Irritationen auftauchen sollten oder wir befürchten müssten, dass der andere
etwas falsch versteht, wir dann möglichst bald zum Telefonhörer greifen wollen, um
den Schaden von vornherein zu vermeiden. Daran hat man in der letzten Zeit vielleicht
zu wenig gedacht. Wenn wir das stärker in den Blick nehmen, kann es eine gute Basis
für die Arbeit in der Zukunft sein, und davon gehe ich aus.“
„Nicht
alles falsch“ Katholische und evangelische Seite verständigten sich folglich
auf eine noch intensivere Zusammenarbeit. In „Sorgfalt und Ruhe“ müssten die ökumenischen
Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre aufgearbeitet werden, sagte Huber.
An dem zurückgewiesenen Thesenpapier sei nicht alles falsch. „Es besteht kein
Zweifel daran, dass der Text ,Dominus Jesus’ vom Jahr 2000, der in seinem Wortlaut
ja auch 2007 noch einmal aufgenommen wurde, eine Belastung der Ökumene gewesen ist.
In seinem Kern sagt dieser Text, der ja auch innerkatholisch unterschiedlich bewertet
wird, dass die Kirchen der Reformation nicht Kirchen im eigentlichen Sinn sind. Es
ist auch deutlich, dass es bei vielen Gemeinsamkeiten in der Beurteilung ethischer
Fragen es auch unterschiedliche Ansätze und Akzente gibt. Das wurde mitunter im Einvernehmen
anerkannt, das hat aber auch schon zu Schwierigkeiten und Belastungen geführt. Wir
wissen alle, dass die Unterschiede im Amtsverständnis noch nicht so aufgearbeitet
sind, dass man sagen kann, siebehinderten den wechselseitigen Respekt vor
dem Kirche sein der anderen Seite nicht. Dies wäre aber doch eine unerlässliche Voraussetzung
dafür, dass wir ökumenisch weiter kommen. Das sind Beispiele von Fragen, die sich
im letzten Jahrzehnt besonders deutlich gezeigt haben und vor denen man nicht resignieren
darf, sondern mit denen man beherzt und mit Gottvertrauen umgehen muss.“
Kein
Trend zurück Die katholische Kirche wehrte sich vor allem gegen Befürchtungen,
es gebe einen Trend hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurück. Kirchenpolitische
Entscheidungen wie etwa der Umgang mit den Piusbrüdern seien zu vermeintlichen Phänomenen
zusammengefügt worden. Bischof Müller: „Davon kann in keiner Weise die
Rede sein. Denn für uns als katholische Theologen ist das Konzil die höchste Autorität
in der Kirche. Es kann in keiner Weise in Frage gestellt werden. Wenn man das tut,
ist man nicht mehr Katholisch. Daher ist so eine Analyse und Bewertung, dass es geheim
oder offen darum ginge, das Zweite Vatikanische Konzil zu hintergehen, völlig abwegig.
Hier wird eine Tendenz unterstellt, die auf diese Weise gar nicht wahrzunehmen ist
und die der katholischen Kirche und dem Verständnis des Konzils widerspricht.“ Das
Dokument „Dominus Iesus“ mit seiner Erklärung zum Kirchenverständnis aus katholischer
Sicht könne durchaus Missverständnisse hervorrufen. Inhaltlich werde jedoch nichts
anderes gesagt als bereits vom Konzil. Doch man dürfe nicht vergessen, dass die ökumenische
Situation in Deutschland kirchengeschichtlich besonders belastet sei.
„Unterschiede
aushalten“ und gemeinsam Zeichen setzen Das „klärende
Gespräch“ vom Mittwochabend in Karlsruhe erlaube es, nun „freier miteinander umzugehen“,
so Müller. „Wir waren uns darüber einig, dass wir nicht nur freundlich miteinander
reden, sondern dass wir auch aufgelaufene Dinge, die man bislang nicht benennen wollte,
um die Atmosphäre nicht zu stören, klar aussprechen. Das ist auch geschehen und es
war für alle eine Befreiung. Vielleicht ist dies das positive Ergebnis, dass man nun
freier und ohne äußerlichen Harmoniezwang miteinander umgehen kann und eine klare
Linie verfolgt.“ Zehn Jahre nach der gemeinsamen Unterzeichnung zur Erklärung
der Rechtfertigungslehre am 31. Oktober 1999 in Augsburg biete es sich geradezu an,
eine Zwischenbilanz zu ziehen, betonte Huber. Erinnerung an die historische Einigung
reiche nicht. „Wir müssen fragen, was sich zum Guten weiterentwickelt hat, was
wir in Deutschland, das ökumenisch betrachtet in einer einmaligen Situation ist, auch
an Neuansätzen formulieren können.“ Der katholische Ökumene-Verantwortliche
Müller ergänzt: „Auf der Basis des Gemeinsamen muss man lernen, die Unterschiede
auszuhalten, aber sie auch positiv fruchtbar machen. So können wir uns in Zukunft
gemeinsam einer größeren Fülle des Evangeliums und seiner konkreten Verwirklichung
der Welt von heute stellen.“ Das Evangelium in der Welt verwirklichen sei vordringliche
Aufgabe. Der Zweite Ökumenische Kirchentag in München 2010 werde dafür ein deutliches
Zeichen setzen, hält auch die Erklärung von Karlsruhe fest. Der Berliner Bischof
Huber, bereits mit dem ersten ÖKT betraut: „Wir haben bewusst das Leitwort für
den zweiten ÖKT gewählt: ,Damit ihr Hoffnung habt’. Wir sind davon überzeugt, dass
gerade in der jetzigen gesellschaftlichen Situation mit den Ernüchterungen und Herausforderungen,
wie der weltweiten Finanzmarktkrise und dem Klimawandel, sich Christen dadurch miteinander
verbunden wissen, dass sie diese Herausforderungen mit Hoffnung angehen. Das wird
das große Zeichen von München sein. Da sind wir alle miteinander sehr zuversichtlich.“