Katholische und Evangelische
Kirche in Deutschland haben die Missstimmung der vergangenen Wochen ausgeräumt. Am
Mittwochabend trafen sich Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Karlsruhe zu einem klärenden Gespräch.
Es fand anstelle der turnusmäßigen Sitzung des evangelisch-katholischen Kontaktgesprächskreises
statt. „Das Gespräch wurde offen, konstruktiv und im Geist christlicher Geschwisterlichkeit
geführt. Beide Seiten sind davon überzeugt, dass das beschädigte Vertrauen wiederhergestellt
werden kann und wird“, heißt es in einer anschließend veröffentlichten gemeinsamen
Erklärung.
Evangelische Kirche entschuldigt sich „Stein des
Anstoßes“ war ein Text über Vorgänge in der römisch-katholischen Kirche und das katholisch-evangelische
Verhältnis, der der Kirchenkonferenz der EKD zu ihrer Sitzung am 2. Juli 2009 vorlag.
Die Kirchenkonferenz habe sich diesen Text jedoch in keiner Weise zu eigen gemacht;
und „ihn vielmehr klar zurückgewiesen“. Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang
Huber, distanzierte sich von dem internen Thesenpapier, in dem die katholische Kirche
in Deutschland als führungsschwach und verunsichert dargestellt wurde, und bezeichnete
es als „Missgriff“ und „Einzelmeinung“. Das Papier von Oberkirchenrat Thies Gundlach
„wurde später anonym, missbräuchlich und gezielt verbreitet“.
Huber sagte gegenüber
Radio Vatikan: „Wir haben um Entschuldigung gebeten bei allen, die sich persönlich
durch einzelne anstößige Aussagen in dem Text, der zur Rede stand, beschwert fühlen
müssen. … Der Text von Thies Gundlach war ein Text zur Vorbereitung einer Diskussion.
Da aber ein Text, der in einen großen Kreis hinein verschickt wird, nicht vertraulich
bleibt, hätte er erst gar nicht verschickt werden dürfen. Thies Gundlach hat auch
selbst eingesehen, dass man manche Dinge nicht so zugespitzt formulieren kann. Er
hat sich sozusagen selbst von seinem eigenen Text distanziert.“
Intensivere
Zusammenarbeit Katholische und evangelische Seite verständigten sich auf
eine noch intensivere Zusammenarbeit. In „Sorgfalt und Ruhe“ müssten die ökumenischen
Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre aufgearbeitet werden, sagte Huber. „Es
gibt auch Aspekte, bei denen ist die ökumenische Zusammenarbeit schwerer geworden.
Es bietet sich zehn Jahre nach der gemeinsamen Unterzeichnung zur Erklärung der Rechtfertigungslehre
am 31. Oktober 1999 in Augsburg geradezu an, eine solche Zwischenbilanz zu ziehen.
In Augsburg wird es jetzt auch eine Veranstaltung in Erinnerung an dieses Datum geben.
Aber damit ist es nicht getan. Wir müssen fragen, was sich zum Guten weiterentwickelt
hat.“
Kein Harmoniezwang „Das Vertrauen zwischen katholischer
und evangelischer Seite ist wiederhergestellt“, sagte uns der Regensburger Bischof
Gerhard Ludwig Müller. Er leitet bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz
die Ökumenekommission. Das „klärende Gespräch“ vom Mittwochabend in Karlsruhe erlaube
es, nun „freier miteinander umzugehen“. „Wir waren uns darüber einig, dass wir
nicht nur freundlich miteinander reden, sondern dass wir auch aufgelaufene Dinge klar
aussprechen. Das ist auch geschehen und es war für alle eine Befreiung. Vielleicht
ist es das Positive, dass man nun freier und ohne äußerlichen Harmoniezwang miteinander
umgehen kann und eine klare Linie verfolgt. Auf der Basis des Gemeinsamen muss man
lernen, die Unterschiede auszuhalten und vielleicht sogar fruchtbar zu machen. So
können wir uns in Zukunft gemeinsam einer größeren Fülle des Evangeliums und seiner
konkreten Verwirklichung der Welt von heute stellen.“ In
Zukunft: Schaden vermeiden und gemeinsam Zeichen setzten „Wir
haben wieder eine gute Basis für die Ökumene in Deutschland gefunden“, sagte der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch nach dem Gespräch. Nun
gelte es, den Blick nach vorne zu richten. Das gemeinsame Zeugnis des Evangeliums
für die Welt und die gemeinsame Vermittlung bestimmter Werte bleibe auch in Zukunft
vordringlich, betonten die Gesprächsteilnehmer. Der Zweite Ökumenische Kirchentag
in München 2010 werde dafür ein deutliches Zeichen setzen. Störfeuer wie dieses sollen
künftig vermieden werden, sagte Zollitsch im Domradio:
„Wir haben vereinbart,
dass wir dann, wenn Irritationen auftauchen sollten oder wir befürchten müssten, dass
der andere etwas falsch versteht, wir dann möglichst bald zum Telefonhörer greifen
wollen, um den Schaden von vornherein zu vermeiden. Daran hat man in der letzten Zeit
vielleicht zu wenig gedacht. Wenn wir das stärker in den Blick nehmen, kann es eine
gute Basis für die Arbeit in der Zukunft sein, und davon gehe ich aus.“
An
dem Gespräch in Karlsruhe nahmen neben Zollitsch für die katholische Seite teil: Kardinal
Karl Lehmann und Bischof Gerhard Ludwig Müller, dazu der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz,
P. Hans Langendörfer SJ. Auf evangelischer Seite waren vertreten: der Vorsitzende
des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, Landesbischof Ulrich Fischer und Landesbischof
Johannes Friedrich, dazu der Präsident des Kirchenamtes der EKD, Hermann Barth.
(rv/pm
15.10.2009 bp)
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