2009-10-13 14:34:23

Synode: Nahrungsmittel für alle Afrikaner - wie?


RealAudioMP3 Bei der Afrika-Bischofssynode zum Thema Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden hat an diesem Montagabend ein mit Spannung erwarteter Gast seinen Vortrag gehalten: Jacques Diouf, Chef der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft FAO und selbst Afrikaner aus dem Senegal. Bei der anschließenden Fragestunde musste er durchaus kritische Fragen einiger Synodenväter beantworten. Gudrun Sailer berichtet.

Afrika wird in den nächsten 40 Jahren zum „Kontinent der Zukunft“ werden, sagte Diouf vor der versammelten Synode und dem aufmerksam zuhörenden Papst Benedikt. Bis 2050 wird sich seine Bevölkerung auf zwei Milliarden verdoppelt haben. Mit seinen ungeheuren Bodenschätzen ist der Kontinent schon lange nicht wegzudenken von der Landkarte der Weltwirtschaft.

Allerdings: Afrika braucht dringend eine wirtschaftliche Emanzipation, und dazu sind Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Recht unerlässlich – ganz besonders, um die „dramatischste und inakzeptabelste Geißel des Kontinents“ zu bekämpfen: den Hunger, so Diouf. Von 30 Ländern, denen die FAO heute Nahrungsmittelhilfe gewährt, seien 20 in Afrika.

Nahrungsmittelsicherheit sei in erster Linie eine politische Angelegenheit. Es gebe heute auf der Welt genug Ressourcen, genug Geld und genug Technologien, um den Hunger auszurotten. Die wichtigsten Investitionen für Afrikas Bevölkerung seien aber die in traditionelle, kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Vor Papst und Bischöfen lobte Diouf ausdrücklich den Einsatz der katholischen Kirche für die Ärmsten. „Die Missionare, Ordensfrauen und zahlreiche Gemeinschaften leisten oft eine schwierige und undankbare Arbeit, die freilich der Zivilgesellschaft immer hilfreich ist“. Von daher leiste die katholische Soziallehre einen beachtlichen Beitrag zur Entwicklung Afrikas. Der Moslem Diouf wies auch auf übereinstimmende Meinungen von Kirche und Islam über soziale Verantwortung hin, die unvereinbar sei mit Exzessen und Plünderungen.

Gibt es einen echten politischen Willen, den Hunger auszurotten? Warum ist Öl in Afrika billiger als Essen? Wie steht die FAO zum Anbau genetisch veränderter Organismen in Afrika, um das Ernährungsproblem zu lösen? Wozu ist eine Welternährungsorganisation gut, wenn es heute mehr Hungernde als jemals zuvor in der Geschichte gibt? Mit diesen Fragen konfrontierten Synodenväter den FAO-Chef.

Der Schlüssel, entgegnete Diouf, liege in der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität. Für kleinteilige Landwirtschaft sei die Atmosphäre in den letzten zwei Jahrzehnten ungünstig gewesen. „Aber gleichzeitig ist es einem Land wie Vietnam gelungen, vom Reis-Importeur zum zweitgrößten Reis-Exporteur der Welt zu werden“. Auch Afrika biete Beispiele für eine solche Entwicklung. In einigen Ländern produzierten die Bauern genug Nahrungsmittel für alle und könnten überschüssige exportieren. In anderen, auch afrikanischen Nationen reichten 80 Prozent Bauern nicht aus, um das Land zu ernähren. Es sei also keine Frage des menschlichen Einsatzes, sondern der Werkzeuge, etwa ganz simpel der Infrastruktur.

Allerdings: In genetisch modifizierten Organismen sieht Diouf keinen Ausweg aus der Hungerkrise. „In bestimmten afrikanischen Regionen gibt es keine Straßen, keine Bewässerung, keine Lagerhäuser, was 40 bis 60 Prozent der Ernte vernichtet – und wir sprechen von genetisch modifizierten Organismen, die eine totale Fremdkontrolle des Anbaus mit sich bringen?!“ rief Diouf aus. Interessant ist seine Position auch deshalb, weil die Päpstliche Akademie der Wissenschaften vor einigen Monaten eine Konferenz zum Thema Gen-Food veranstaltet und dabei, wie Kritiker aus Öko- Kreisen beanstandeten, ausschließlich Befürworter der neuen Technologie eingeladen hatte.

Papst Benedikt XVI., der Diouf in der Synodenaula zuhörte, wird übrigens beim bevorstehenden FAO-Welternährungsgipfel in Rom anwesend sein. Am ersten Tag der Sitzungen, dem 16. November, wird der Papst zu den versammelten Staats- und Regierungschefs sowie zu den Landwirtschafts-Fachleuten aus aller Welt sprechen, gab der vatikanische Pressesaal an diesem Dienstag bekannt. Mit einigen Spitzenpolitikern soll Benedikt im Anschluss auch persönlich zusammentreffen.
(rv 13.10.2009 gs)









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