Ein Papier der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD) belastet weiter den Dialog der beiden großen Kirchen.
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat nun ein für diese Woche turnusgemäß
angesetztes Treffen des Kontaktgesprächskreises abgesagt. „Das Vertrauen ist gravierend
gestört“, sagt der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller. Das EKD-Papier
zeuge von einer „bislang nicht gekannten mangelnden ökumenischen Sensibilität“, sagte
der Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz der Würzburger
„Tagespost“ (Dienstag). Die katholischen Bischöfe erwarteten von der EKD eine offizielle
Erklärung. Statt des geplanten Treffens soll es am Mittwoch ein „klärendes Gespräch“
zwischen führenden Vertretern beider Seiten geben, kündigte die Bischofskonferenz
an. Das Papier des in der EKD für Ökumenefragen zuständigen Oberkirchenrats Thies
Gundlach enthalte „harte Worte“, so Bischofskonferenz-Sprecher Matthias Kopp:
„In dieser Situation wäre es falsch, einfach zur Tagesordnung des halbjährlichen Kontaktgesprächskreises
zwischen Bischofskonferenz und EKD-Rat überzugehen. Die Absage des Kontaktgesprächskreises
und die Vereinbarung eines klärenden Gespräches sollen helfen, ein derzeit sehr belastendes
und in der Öffentlichkeit breit diskutiertes Problem zu lösen.“ In dem für die
Sitzung der Kirchenkonferenz der EKD am 2. Juli verfassten Text äußert sich Gundlach
kritisch über die Lage der katholischen Kirche in Deutschland und einen angeblich
rückwärtsgewandten Kurs von Papst Benedikt XVI. Zugleich reklamiert der Verfasser
eine intellektuelle Meinungsführerschaft für die evangelische Kirche; wörtlich heißt
es: „Die intellektuelle und positionelle Präsenz in gesellschaftlich relevanten Fragen
wird in den letzten Jahren deutlich von der evangelischen Kirche dominiert und geprägt.“
In der katholischen Kirche diagnostiziert Gundlach „irritierende Phänomene“, „handwerkliche
Fehler“ und „grundlegende Unsicherheiten“. Dem Bischofskonferenzvorsitzenden Robert
Zollitsch spricht er die „orientierende und prägende Kraft“ ab. Das interne
Diskussionspapier wurde Anfang August, von Hannover aus, zahlreichen Medien und Mitarbeitern
der Bischofskonferenz anonym zugespielt. Erst in der vergangenen Woche wurden Details
daraus veröffentlicht. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet von mehreren evangelischen
Landesbischöfen, die sich der Redaktion gegenüber von dem Papier distanziert hätten.
Eine Stellungnahme des EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber steht noch aus. Die
evangelische Seite sei am Zug, betonte Bischofskonferenz-Sprecher Kopp. „Wir haben
die Erwartung geäußert, dass die evangelische Seite die Sache möglichst schnell klärt.“