D/Nigeria: Erzbischof klagt an – Nigerias Reichtum auf Schweizer Banken
Reiche Vielfalt in
bitterer Armut, so schildert Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso die Situation in seinem
Heimatland Nigeria. Der 48-jährige Erzbischof von Kaduna ist derzeit zu Gast im Erzbistum
Freiburg. Im Rahmen der Missio-Kampagne zum laufenden Monat der Weltmission berichtet
er von seiner kirchlichen Arbeit in einem der vielfältigsten, aber auch konfliktreichsten
Länder Afrikas. Ein Beitrag von Antje Dechert.
Trotz des Rohstoffreichtums
leben 70 Prozent der Nigerianer unter der Armutsgrenze. Die Verantwortlichkeit sieht
Erzbischof Ndagoso klar bei der Politik:
„Bevor das Öl entdeckt wurde, war
unser Land in der Lage, die Bevölkerung durch die Agrarproduktion zu versorgen. Aber
kaum war das Öl entdeckt, hat die politische Führung alle anderen Sektoren vernachlässigt.
Dabei profitieren nur eine Handvoll vom Geschäft mit dem Öl. Unser Land war nie mit
Führern gesegnet, die sich wirklich um das Wohlergehen aller Menschen im Land sorgen.
Und das hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind.“
Es sei skandalös, dass
Menschen in Nigeria hungern, kaum Zugang zu Bildung oder medizinischer Versorgung
hätten, so der Erzbischof. Denn das Land sei fruchtbar und auch an qualifiziertem
Personal für Schulen oder Krankenhäuser mangele es nicht:
„Man muss sich
doch nur einmal in den europäischen Großstädten oder auch in den USA umsehen. Dort
arbeiten überall nigerianische Ärzte oder Professoren. Dass uns die Fachkräfte davon
laufen, liegt an der Misswirtschaft unserer politischen Führung. Die Menschen hier
haben kaum Zugang zu Ressourcen und wandern aus.
Seit 1999 ist Nigeria
zwar offiziell ein demokratisches Land. Doch Korruption und eine Elitenherrschaft
prägen die Gesellschaft. Die politische Führung sei nicht in der Lage, den natürlichen
Reichtum des Landes gerecht zu verteilen, sagt Erzbischof Ndagoso. Im Gegenteil –
oft würden politische Ämter zur persönlichen Bereicherung missbraucht. Europa sähe
tatenlos zu:
„Auch die europäischen Politiker helfen uns nicht. Sie wissen
sehr genau, dass sich unsere Politiker am Gemeingut bereichern. Und das Geld, das
sie den Nigerianern gewissermaßen stehlen, deponieren sie dann auf US- oder europäischen
Banken, etwa in der Schweiz. Die europäische Führungsschicht weiß das, aber da es
ja ihrer eigenen Wirtschaft zum Vorteil ist, sprechen sie nicht darüber und sagen
wir seien korrupt. Ohne diese Rückendeckung könnten sich unsere Politiker weniger
leicht auf Kosten der Menschen in Nigeria bereichern.“
Die Kirche in Deutschland
solle daher Druck auf Gesetzgeber und Regierungen in Europa ausüben, um diesen Machtmissbrauch
einzudämmen. Es könne nicht sein, dass Milliardengewinne aus dem nigerianischen Ölgeschäft
zur Bereicherung einzelner Amtsträger auf Schweizer Bankkonten geschleust werde, meint
der Erzbischof aus Kaduna und fordert:
„Papst Benedikt hat wieder betont:
Es darf nicht sein, dass Profit über das menschliche Gemeinwohl gestellt wird. Profit
und Gewinnstreben – das sind heutzutage die Hauptsachen. Dagegen erscheinen Menschen
kaum noch wichtig. Das ist ein großes Problem. Denn eigentlich sollte das Gemeinwohl
aller Menschen im Mittelpunkt unseres Handelns stehen.“
Afrika wolle keine
Almosen, sondern konkrete politische Hilfe um Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch
entgegenzuwirken. Auch läge es an den Industrieländern, gerechtere Handelsbeziehungen
zu schaffen:
„Die europäischen Regierungen unterstützen den Welthandel nur
im eigenen Interesse. Die heimischen Landwirte werden stark subventioniert, können
also billiger produzieren als unsere Bauern, die keinerlei Unterstützung von unserer
Regierung bekommen. Sie sind einfach nicht wettbewerbsfähig. Und so sind wir wiederum
darauf angewiesen zu betteln. Aber wir wollen nicht betteln, sondern unterstützt werden.
Wir wollen keinen Fisch essen, den ihr in Europa gefangen habt. Unsere Fischer wollen
selbst auf Fang gehen, damit wir unseren eigenen Fisch verkaufen und essen können.“