Piusbrüder: „Gespräche mit Vatikan werden lange dauern“
Der Generalobere der schismatisch orientierten Piusbruderschaft, Bernard Fellay, rechnet
mit langen Diskussionen mit dem Vatikan. Es werde bei den Gesprächen nicht nur um
die Religionsfreiheit, die Ökumene und die Kollegialität in der Kirche gehen, sagte
Fellay in einem auf dem Internetportal der Piusbruderschaft wiedergegebenen Interview.
Zur Sprache kommen könnten auch Themen wie der Einfluss der modernen Philosophie und
des Zeitgeistes auf die Kirche oder die liturgischen Erneuerungen. Ziel der Gespräche
sei, die Irrtümer oder erheblichen Mehrdeutigkeiten, die sich seit dem Konzil in der
Kirche verbreitet hätten, auszuräumen. Fellay erklärte, eine Rückkehr und „Wiederherstellung
der Kirche“ werde mehr als eine Generation brauchen, „vielleicht sogar ein Jahrhundert“.
Dabei sei mit Widerstand zu rechnen. Er glaube aber, dass es inzwischen Zeichen der
Heilung gebe.
Fellay lobte, dass Papst Benedikt XVI. immer wieder betone,
dass das Konzil Kontinuität bedeute, keinen Bruch mit der Vergangenheit. Der oberste
Piusbruder scheint auch Gefallen daran zu finden, dass der Papst vor allem die Annäherung
an die Orthodoxen sucht und – aus Fellays Sicht – nicht so sehr an die Protestanten.
Mit seinem wiederholten Rückgriff auf ein „Motu Proprio“, etwa zum so genannten „Alten
Ritus“ im Sommer 2007, habe Benedikt seinen Willen gezeigt, dass er die Kirche „persönlich“
und nicht etwa „kollegial“ führen wolle. Die Auseinandersetzung um die Lefebvre-Anhänger
im Frühjahr habe die Autorität des Papstes geschwächt; immerhin verstehe man nun,
wer wirklich die Kirche liebe und wer nicht.
Der Traditionalisten-Generalobere
sagte, er habe Zweifel, ob von allen bereits begriffen werde, dass eine Rückkehr zur
Tradition notwendig sei. Die Mehrheit der kirchlichen Hierarchie erwarte von dem Dialog
mit der Piusbruderschaft, dass es darum gehe, sie zur Annahme der Neuerungen des Zweiten
Vatikanischen Konzils zu bewegen. „Wir aber sagen, und wir belegen es durch die Fakten,
dass die Lösung für die Krise eine Rückkehr zur Vergangenheit ist“, so Fellay.
Der
Vatikan hatte mitgeteilt, die Gespräche mit der von Rom getrennten Piusbruderschaft
sollten in der zweiten Oktoberhälfte beginnen. Im Auftrag von Papst Benedikt XVI.
sollen drei Experten den Dialog über theologische Differenzen führen. Es handelt sich
um den Schweizer Dominikaner Charles Morerod, den Opus-Dei-Generalvikar Fernando Ocariz
Brana und den deutschen Jesuiten Karl Josef Becker. Alle drei sitzen bereits im Beraterkreis
der Glaubenskongregation.