Der für Libyen zuständige Bischof Giovanni Martinelli wirft Europa Gleichgültigkeit
gegenüber den Flüchtlingsdramen in Nordafrika vor. Während Tausende Menschen aus der
Subsahara auf eine Flucht über das Mittelmeer hofften und in libyschen Auffanglagern
endeten, wasche die EU ihre Hände in Unschuld, beklagte der Bischof am Freitag vor
Journalisten im Vatikan. Der italienische Geistliche, der Anfang der 1990er Jahre
unter Libyens Staatspräsident Muammar al-Gaddafi inhaftiert war, vermied dabei direkte
Kritik am italienisch-libyschen Flüchtlingsabkommen, das eine Rückführung illegaler
Einwanderer nach Afrika vorsieht. Mit Blick auf die Abweisungspolitik gegenüber afrikanischen
Migranten sprach Martinelli von einer „ungerechtfertigten Angst“. Illegale Einwanderung
sei nicht gutzuheißen; ihr liege aber eine tiefere Ungerechtigkeit zugrunde. Die Menschen,
die auf der Flucht vor Konflikten oder Hunger nach Libyen kämen, könnten oft nicht
in ihre Heimat zurück. Europa müsse mit einer langfristigen Förderpolitik für menschenwürdige
Verhältnisse in den Ursprungsländern wie Eritrea, Äthiopien oder Kongo sorgen. Die
Auffanglager in Libyen könnten selbst mit Hilfe der Kirche und internationaler Organisationen
nur ein Minimum an Versorgung gewährleisten, so der Bischof. Es fehle Platz für Tausende.
Vor allem treffe die Situation Frauen; viele von ihnen würden Opfer von Zwangsprostitution,
so Martinelli. Der Apostolische Vikar von Tripolis nimmt auch an der Afrikasynode
im Vatikan teil. (kna/rv 10.10.2009 bp)