Synode: „Schrei des Blutes“, Hoffnung und der weibliche Beitrag
Seit Montag Tagen
beraten die fast 400 Mitglieder der Sondersynode für Afrika im Vatikan. Unsere Korrespondentin
Gudrun Sailer fasst die Beiträge vom fünften Tag zusammen:
Was wäre Afrikas
Kirche ohne Frauen? Den meisten Applaus bei der Afrika-Synode bisher erhielten
drei Ordensfrauen, die als Expertinnen sprachen. Alle drei wiesen darauf hin,
wie wichtig das Beispiel von Frauen in der ganz konkreten, kleinteiligen Arbeit für
Versöhnung und Frieden ist. Eine Schwester aus Ruanda, die als Gefängnisseelsorgerin
wirkt, berichtete in einer ergreifenden Stellungnahme davon, wie sie dem Mörder ihres
Vaters verzieh und dieser Akt den Mörder in seinen Grundfesten erschütterte. Und doch:
„Wir, die Mütter von euch Synodenvätern“ – so formulierte es eine der beiden anderen
Schwestern – haben in der Gesellschaft und auch in der Kirche noch immer nicht den
uns zustehenden Platz. Man wolle nicht Priester ersetzen, aber „gleichrangige Partner
im Weinberg des Herrn sein“ und Entscheidungsprozesse mitbestimmen, sagte die Schwester
in Anwesenheit Papst Benedikts. In der Kirche sollte sich keine Gruppe der anderen
überlegen fühlen, mehr Zusammenarbeit zwischen Frauen und kirchlichen Autoritäten
wäre schön; da sei freilich eine „Konversion der Herzen“ von allen verlangt. Abschließend
bat die Ordensfrau die Synodenväter darum, heute Abend vor dem Einschlafen zwei Minuten
lang zu überlegen, was die Kirche in Afrika ohne Frauen wäre.
„Heillos
zerstritten“ Frieden innerhalb der afrikanischen Gesellschaften muss von
innen ausgehen. Er erfordert Frieden auf kleinstem Nenner, beispielsweise innerhalb
von Ordensgemeinschaften, hoben eindringlich mehrere Synodenväter hervor, die als
Generalsuperioren bei der Synode vertreten sind. Ein Bischof aus der Demokratischen
Republik Kongo berichtete von Massakern und Plünderungen, an denen traurigerweise
Angehörige katholischer Basisgemeinden mitgewirkt hätten, die doch eigentlich als
Orte der Konfliktlösung par excellence entstanden seien. Ein Oberhirte aus der Republik
Zentralafrika musste einräumen, über Versöhnung und Frieden nicht im Namen
seiner Bischofskonferenz sprechen zu können, sondern nur für sich selbst, weil der
Episkopat heillos zerstritten sei und es in den vergangenen Monaten zu Spaltungen
zwischen Priestern und Bischöfen bzw. zwischen Priestern und Laien gekommen sei. Das
widerspreche ganz klar der Frohen Botschaft.
Aus Burundi kam der Vorschlag
zu einem Friedenstreffen für die Region der Großen Seen. Die Regionalisierung der
Konflikte erfordere mehr Zusammenarbeit auf interregionaler Ebene. Gute Erfahrungen
habe man in Burundi mit der benachbarten Bischofskonferenz von Tansania bei der Betreuung
von Vertriebenen und Kriegsflüchtlingen gemacht.
Warnende Töne hingegen aus
dem Südsudan: Ein von dort angereister Synodenvater erinnerte an die ernsthafte
Gefahr einer blutigen Spaltung zwischen Norden und Süden des Landes. Um „das schlimmste
Szenario im Sudan“ zu vereiteln, sei internationale Lobbyarbeit nötig. Beide Landesteile
seien dabei, ihre Waffenarsenale aufzurüsten. Der islamisch dominierte Norden wirke
auf eine Spaltung hin, so der Bischof, und zwar mit einer „Missionierung“ im Süden,
aber auch auf akademischem Grund, nämlich an der islamischen Universität in Khartoum.
„Dialog hat sich bewährt“ Fast alle derzeit ausgetragenen
blutigen Konflikte in Afrika haben eine religiöse Dimension. Darauf wies denn
auch ein weiterer Synodenvater hin. Nur Bildung, und zwar auch spirituelle Bildung
helfe da weiter: „das Verlangen zu verstehen, zu wissen und zu lieben“ müsse geweckt
werden. Eine Chance sah der Synodenvater auch in gemischten Ehen. Außerdem sollten
die bereits existierenden Kommissionen für Gerechtigkeit und Frieden gezielt nach
Personen suchen, die sich für den interreligiösen Dialog einsetzen.
Eine ungewöhnliche
Kooperation von Muslimen und Katholiken stellte der Bischof von Mauretanien, Martin
Happe, bei der Afrika-Synode vor: Von den rund 120 Mitarbeitern der katholischen Caritas
seien mehr als 110 muslimischen Glaubens, berichtete der aus dem westfälischen Sendenhorst
stammende Missionar und Bischof vor der Bischofsversammlung. Wie alle Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des katholischen Hilfswerks hätten auch die Muslime schriftlich erklärt,
die Grundsätze der Caritas mitzutragen, etwa die gleiche Achtung aller Hilfsbedürftigen
ohne Ansehen ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit.
Auch der Erzbischof
von Abuja in Nigeria, John Olorunfemi Onaiyekan, zog eine positive Bilanz des
Verhältnisses zum Islam. 15 Jahre nach der ersten Afrika-Synode habe sich der Dialog
zwischen Katholiken und Muslimen trotz vieler Schwierigkeiten bewährt. Die katholische
Kirche könne den Kampf für Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden auf dem afrikanischen
Kontinent nicht im Alleingang führen. Onaiyekan forderte die Synode auf, ein weiteres
Zugehen auf die islamische Gemeinschaft von der lokalen bis zur kontinentalen Ebene
zu beschließen.
Soziale und wirtschaftliche Entwicklung unterstützen Mindestens
fünf Synodenväter sprachen in der Aula von der Bedeutung der katholischen Soziallehre
für die afrikanischen Gesellschaften. Der „Schrei des Blutes“ durch Krieg, neue Formen
des Kolonialismus, AIDS-Waisen und Mangel an Demokratie mache dies besonders dringlich,
so ein Ordensoberer. Aber Afrika sei nicht nur ein Ort des Leidens und der Ausbeutung.
Die Kirche habe eine wichtige Chance, die schnelle soziale und wirtschaftliche Entwicklung
Afrikas durch die Heranbildung guter und ehrlicher politischer Führer zu leiten. Kurienkardinal
Renato Raffaele Martino, päpstlicher „Friedensminister“, regte an, dass besonders
afrikanische Parlamentarier, Politiker und Richter mit der katholischen Soziallehre
in Berührung kommen sollten. Dazu schlug er die Gründung eines speziellen katholischen
Instituts in Afrika vor, das sich um die Verbreitung der Soziallehre kümmern solle.
Auf konkrete Situation achten Auch andere vatikanische Kurienchefs
brachten Aspekte aus ihren Arbeitsbereichen ein. Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone
würdigte die unermüdliche diplomatische Arbeit der Nuntien in Afrika, besonders beim
Schutz grundlegender Menschenrechte. 50 der 53 afrikanischen Staaten unterhalten heute
diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl. Erzbischof Claudio Maria Celli, Präsident
des Päpstlichen Medienrates, zeigte sich erfreut über den Boom katholischer Radiosender,
heute 163 in allen Teilen des Kontinents. Interessant der Impuls von Erzbischof
Francesco Coccopalmerio, Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation von
Gesetzestexten: Er mahnte die afrikanischen Ortskirchen dazu, ihre eigenen juristischen
Kulturen und normativen Traditionen ins kanonische Recht einzubringen. Das kirchliche
Gesetzbuch von 1983 lasse Raum dafür. „Wir dürfen den Kirchen in Afrika keine Dinge
auferlegen, die unwesentlich sind“, so Coccopalmerio. Allerdings: Von 34 afrikanischen
Bischofskonferenzen hätten bisher 20 noch keine so genannten Ausführungsdekrete verabschiedet.
Diese bestimmen die Anwendung der allgemeinen kirchlichen Gesetzgebung auf die konkrete
Situation in den jeweiligen Ortskirchen.