Italiens Ministerpräsident
Silvio Berlusconi könnte bald wenig Zeit zum Regieren haben. Das Verfassungsgericht
hat am Mittwochabend das Immunitätsgesetz, das den vier höchsten Autoritäten des Staates
Straffreiheit zusichern sollte, für ungültig erklärt. Das so genannte „Lodo Alfano“
widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz der italienischen Verfassung. Berlusconi hatte
das Gesetz Ende Juli 2008 selbst durch das Parlament geboxt; nun könnte der Ministerpräsident
unter anderem wegen Bestechung und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe bald vor Gericht
stehen. Ein Verfahren, in dem Berlusconi als Zeuge gerufen ist, wird bereits am Freitag
aufgenommen.
Kurz nach der Urteilsverkündung der Verfassungsrichter traf der
italienische Ministerpräsident mit dem vatikanischen Kardinalstaatssekretär Tarcisio
Bertone zusammen. Nachrichtenagenturen berichten von einem 15-minütigen Gespräch,
über die Inhalte drang nichts nach Außen. Kontext der Begegnung war die Vernissage
einer Gemäldeausstellung über die Heiligen Patrone Europas im Zentrum Roms. Bertone
richtete einige Grußworte an die anwesenden Gäste und Journalisten - ohne auf das
Immunitätsgesetz und die vorangegangen verbalen Attacken Berlusconis gegen den Staatspräsidenten,
die Verfassungsrichter und die politische Linke des Landes einzugehen. Stattdessen
sprach der zweite Mann des Kirchenstaates über die moralische Krise in der westlichen
Welt.
„In unserer heutigen Zeit kümmern wir uns vor allem im Westen um die
Lebensqualität und denken, dass es hierbei einzig um die materielle Sicherung und
neueste technologische Geräte geht. Doch die große Frage sollte hingegen sein, wie
man ein qualitätvolles Leben erreichen kann, eine Daseinsform, die den Menschen schützen,
bilden und stärken kann, in all seinen nobelsten Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung
stehen.“ In den vergangenen Jahrhunderten habe das Evangelium viele „gute
und reine Menschen“ geschaffen, so Bertone. Man müsse also die Menschen dazu ermuntern,
dass sie für das Allgemeinwohl ihr Bestes geben. Bertone:
„Viele glauben
heutzutage, dass die Summe aller Fortschritte in der Technologie, Wissenschaft, Wirtschaft
oder Politik nicht auch mit einem Fortschritt der Zivilisation einhergehen. Es ist
wichtig, die sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Demokratie zu verteidigen.
Doch dazu braucht es nicht nur eine intelligente Politik und effektive Diplomatie,
dazu braucht es ehrliche Bürger und gute Christen, wie es bereits Don Bosco sagte.“ Im
römischen Palazzo Venezia illustriert die Schau „Macht und Gnade“ anhand von rund
100 Werken großer Meister den religiösen Einfluss und die kulturellen Werte, für die
die Heiligen in der europäischen Geschichte stehen. Für das Publikum ist die Ausstellung
vom 8. Oktober bis zum 10. Januar geöffnet. Organisiert wurde die Schau von der italienischen
Botschaft beim Heiligen Stuhl und der Päpstlichen Kommission für die kirchlichen Kulturgüter.