Die tschechische katholische Kirche besteht in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen
Situation nicht auf einer sofortigen Rückgabe des unter den Kommunisten verstaatlichten
Kircheneigentums. Das bestätigte der Prager Kardinal Miloslav Vlk am Sonntag im tschechischen
Fernsehen. Das sei ein Entgegenkommen der Kirche. Es wäre „unmoralisch“, wenn die
Kirche den Staat in der jetzigen Situation unter Druck setzen würde. Vlk betonte,
dass es der Kirche um nichts anderes gehe als „um Recht und Gerechtigkeit“. Er beklagte,
dass die Politiker in seinem Land den seit 20 Jahren überfälligen Ausgleich zwischen
Staat und Kirche immer auf die Eigentumsforderungen der Kirche reduzierten und damit
der Kirche den Schwarzen Peter zuschöben. Das habe damit zu tun, dass die Politiker
im Unterbewusstsein noch kommunistischem Gedankengut verhaftet seien. Mit diesen Denkmustern
sei die Kirche nach der „sanften Revolution“ von 1989 an den Rand der Gesellschaft
gedrückt worden.
Der Staat sage die Unwahrheit, wenn er behaupte, die Steuerzahler
müssten für die Forderungen der Kirche bezahlen, erläuterte der Kardinal. In Wahrheit
zahle der Staat aus dem früheren Vermögen der Kirche, das er derzeit in der Hand halte.
Der Kompromiss, der zwischen Staat und Kirche ausgehandelt worden sei, sei für den
Staat überaus günstig, betonte der 77-Jährige. Die Kirche habe auch nicht die Absicht,
zusätzliche Forderungen zu stellen, wenn der Staat bei der Umsetzung des Vereinbarten
guten Willen zeige.
Staat und katholische Kirche in Tschechien hatten sich
im vergangenen Jahr auf einen Ausgleich geeinigt. Demnach sollen die Kirche etwa ein
Drittel ihres von den Kommunisten verstaatlichten Eigentums, umgerechnet 3,3 Milliarden
Euro, direkt zurückerhalten. Für den Rest ist eine finanzielle Entschädigung vorgesehen,
die über einen Zeitraum von 60 Jahren ausgezahlt werden soll. Durch die auflaufenden
Zinsen handelt es sich um einen Betrag von mehr als zehn Milliarden Euro. Im Gegenzug
würde der Staat nicht mehr länger die kirchlichen Bediensteten, darunter die Gehälter
der Priester, bezahlen.
Die Kirchen könnten dem Kompromiss zufolge mit der
Herausgabe von 20.000 Hektar Bodenfläche, 65.000 Hektar Wald und mehr als 3.000 Gebäuden
rechnen. Sie müssen jedoch nachweisen, dass es sich um Eigentum handelt, das ihnen
am Restitutionsstichtag, dem 25. Februar 1948, tatsächlich gehörte. An jenem Tag hatten
die Kommunisten in der damaligen Tschechoslowakei die Macht übernommen. Das Vertragswerk
liegt im tschechischen Parlament auf Eis.