2009-09-27 11:43:01

Prag: „Kirche will keine Privilegien“


RealAudioMP3 Die Kirche verlange keine Privilegien, wolle aber frei wirken können. Das hat Papst Benedikt XVI. am Samstagabend im Prager Veitsdom betont. Bei einem Vespergottesdienst mit Priestern, Ordensleuten und Vertretern der Laienorganisationen würdigte das Kirchenoberhaupt die Opfer der Katholikenverfolgung unter dem kommunistischen Regime. Gleichzeitig ermunterte er zu neuem Engagement in Caritas und Bildung. Ein Beitrag von Birgit Pottler:

Benedikt XVI. betrat den Prager Veitsdom mit seiner mehr als tausendjährigen Geschichte durch die eigens für ihn geöffnete Goldene Pforte. 2.400 Menschen begrüßten den Papst - unsere Korrespondentin Antje Dechert machte besonders viele Ordensfrauen aus, sakrale Musik zeitgenössischer Komponisten umrahmte das Abendgebet. Der Papst erinnerte an die von Extremen geprägte Geschichte der Katholiken Tschechiens:

„Die Schönheit dieses tausendjährigen Gotteshauses ist in der Tat ein lebendiges Zeugnis für die reiche Geschichte des Glaubens und der christlichen Tradition eures Volkes – eine Geschichte, die insbesondere von der Treue derjenigen erhellt wird, die ihre Zugehörigkeit zu Christus und zur Kirche mit dem Martyrium besiegelt haben.“

Heute, 20 Jahre nach der samtenen Revolution sei die Kirche in vielen Bereichen tätig, habe aber weiterhin viele Probleme zu bewältigen, so der Papst. Die Folgen der kommunistischen Herrschaft seien noch nicht vollständig überwunden, gleichzeitig berge die Moderne neue Gefahren:

„Die Gesellschaft trägt noch die Wunden, die von der atheistischen Ideologie verursacht wurden, und sie ist oft von der modernen Mentalität des hedonistischen Konsums fasziniert, die eine gefährliche Krise der menschlichen und religiösen Werte und das Abtriften in einen grassierenden ethischen und kulturellen Relativismus mit sich bringt.“

Benedikts Appell: Die Kirche und alle Katholiken sollten die geistlichen und moralischen Werte in der heutigen Gesellschaft stärken. Mit besonderem Eifer sollten sich der „Erziehung der jungen Generationen“ widmen. Doch die Rahmenbedingungen für das Wirken der Kirche sind schwierig: Als einziges der einstigen mitteleuropäischen Reformländer hat Tschechien die Rechte der katholischen Kirche bis heute nicht staatsvertraglich geregelt. Ein 2002 ausgehandeltes Konkordat wurde vom Parlament abgelehnt.

Der Papst lies dieses Spannungsfeld nicht unkommentiert:
„Nach dem langen Winter der kommunistischen Diktatur haben eure christlichen Gemeinden vor 20 Jahren wieder begonnen, sich frei zu entfalten, als euer Volk … die eigene Freiheit wieder erlangt hat.“ Nach Jahren der Unterdrückung baue die Kirche jetzt auf gutes Miteinander:
„Von Herzen wünsche ich ein stets wachsendes Einverständnis mit den anderen Institutionen, sowohl öffentlichen wie privaten. Die Kirche – es ist immer nützlich, es zu wiederholen – verlangt keine Privilegien, sondern bittet nur darum, frei im Dienst aller und im Geist des Evangeliums wirken zu können.“

(rv/kap 27.09.2009 bp)








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