Insgesamt zurückhaltend,
oft kritisch, aber hier und da auch mit Anerkennung erwartete die tschechische Presse
am Samstag den Besuch von Papst Benedikt XVI. Antje Dechert mit einer Presseschau
aus Prag…
Die liberale Tageszeitung „Prazsky denik“ ging auf den schweren Stand
ein, den die katholische Kirche in der Tschechischen Republik hat, und sprach Benedikt
XVI. direkt an: „Heiliger Vater, Sie werden es mit uns nicht leicht haben.“ Vor 20
Jahren, nach der „Wende“, seien die Kirchen voll gewesen: „Da schien es, dass aus
unseren rund vier Millionen getauften Katholiken auch gute Gläubige werden“.
Inzwischen
sei die Freiheit eingekehrt. Doch, so das liberale Blatt weiter, „wie manche von uns
mit dieser Freiheit umgehen, werden Sie bei Ihrem Gottesdienst in Brünn erleben, wo
Ihre Gegner Kondome verteilen wollen. Provozieren können wir. Andere Meinungen tolerieren
weniger.“ Ironisch-selbstkritisch fügte der Kommentator hinzu: „Wir gehen sonntags
schon lange lieber in den Supermarkt als in die Kirche. So beten Sie, Heiliger Vater,
bitte wenigstens an unserer Stelle.“
Die konservative „Lidove noviny“ zeigt
auf dem Titel ein großes Bild des Papstes. Im Leitartikel wird Benedikt XVI. als ein
kontroverser Papst präsentiert. Dabei zieht das Blatt in einem Kommentar einen Vergleich
zu Johannes Paul II.: Mit diesem „verbinden sich Gefühl, Einfühlungsvermögen, Entschuldigungen
für die Sünden der Kirche und die Ökumene“. Mit Benedikt XVI. würden nach Ansicht
des Blattes eher „Vernunft, Rationalität, wissenschaftliche Polemik und die Verteidigung
der Wahrheit“ assoziiert. Johannes Paul II. sei applaudiert worden, Papst Benedikt
rufe Widerspruch hervor. „Doch ist das ein Fehler?" fragt der Kommentar abschließend.
Kritische Töne kommen vor allem von der ex-kommunistischen, linken Tageszeitung
„Pravo“. Eine neue Botschaft werde Benedikt nach Ansicht des Blattes nicht mit nach
Tschechien bringen: „In Prag, Brünn oder Altbunzlau werden wir sicher Kritik an den
sozialen Folgen der derzeitigen Wirtschaftskrise hören.“ Auch hieß es in dem „Pravo“-Kommentar
: „Wahrscheinlich hören wir, dass die Armut nicht aus dem Mangel an Ressourcen herrührt,
sondern aus der Unvollkommenheit der Gesellschaft.“