Vatikan/Polen: Erzbischof erhebt Vorwürfe gegen Pharmaindustrie
Ein Vatikan-Mann
findet klare Worte: Teile der Pharma-Branche orientieren sich längst nicht mehr an
der traditionellen medizinischen Ethik, sondern an der Logik der Industrie. Damit
steuert die Welt unversehens auf das Risiko einer humanitären und sanitären Katastrophe
zu, warnt der neue Präsident des Päpstlichen Gesundheitsrates. Erzbischof Zygmunt
Zimowski sprach vor einigen Tagen bei einem Pharmazeuten-Kongress in Posen zum Thema
„Sicherheit von Arzneimitteln: Ethik und Gewissen für Pharmazeuten.“ Besonders warnte
der päpstliche „Gesundheitsminister“ vor gefälschten Arzneimitteln in Entwicklungsländern,
die mitunter nicht nur nicht heilen, sondern töten.
„Ich möchte alle Apotheker
und Beschäftigten der Pharmaindustrie dazu einladen, ihre Identität als katholische
Pharmazeuten wiederzubeleben. Und ich möchte sie dazu auffordern, sich aktiv für Kranke
in Entwicklungsländern einzusetzen, besonders für Kinder, damit diese Zugang zu den
Arzneimitteln erhalten, die sie brauchen. Das gilt ganz besonders für den Kampf gegen
Aids, gegen Malaria und gegen Tuberkulose.“
In seinem Vortrag in Posen
erhob Erzbischof Zimowski schwere Vorwürfe gegen Teile der Pharmaindustrie. Oft vernachlässigten
die Konzerne solche Krankheiten, die typischerweise in Entwicklungsländern auftreten,
so Erzbischof Zimowski. Zwar stürben Millionen Menschen an diesen Leiden, doch die
entsprechenden Medikamente bildeten für die Pharmakonzerne keinen interessanten Markt.
Einige von diesen Arzneien etwa gegen Malaria und Tuberkulose wären auf der Basis
der geläufigen pharmazeutischen Erkenntnisse leicht zu entwickeln, gingen aber nie
in Produktion, weil die potentiellen Käufer sie sich ohnehin nicht leisten könnten.
„Es scheint“, so der Erzbischof, „dass die Entwicklung von Arzneien heute nicht mehr
von der traditionellen medizinischen Ethik bestimmt wird, sondern von der Logik der
Industrie“.
Ein weiteres dramatisches Problem in der Gesundheitsversorgung
armer Länder betreffe die Fälschung von Medikamenten. Afrikanische Kinder stürben
an Erkrankungen der Atemwege, weil sie gefälschte Antibiotika erhielten. Überhaupt
seien die meisten Opfer falscher Antibiotika und Impfstoffe Kinder, hob der Erzbischof
hervor. Er stützte sich unter anderem auf Statistiken der Weltgesundheitsorganisation,
denen zufolge es sich etwa bei 30 Prozent aller Medikamente in Südostasien und Lateinamerika
um Fälschungen handelt. In Afrika, wo Malaria die mit Abstand häufigste Todesursache
ist, sollen die Hälfte aller Malaria-Mittel gefälscht sein.