Der Wochenkommentar von Claudia Kaminski: Ich geh' wählen
Philipp Lahm und Bastian
Schweinsteiger wollen es tun, ebenso wie Sara Nuru und Sonya Kraus. Auch Kai Pflaume,
Stefan Raab und viele andere beteuern, an der Bundestagswahl 2009 teilnehmen zu wollen.
Auf zahlreichen Internet-Portalen werben Stars und Sternchen derzeit dafür, am 27.
September wählen zu gehen.
So lobenswert dieses Engagement der Promis ist,
so unterhaltsam und gut gemacht einige der Spots sind - ohne bitteren Nachgeschmack
sind Aktionen wie "Geh wählen" nicht. Spätestens jetzt wissen wir: Vom Wahlrecht Gebrauch
zu machen, ist in Deutschland alles andere als selbstverständlich.
Über Gründe
und Ursachen lässt sich munter spekulieren. Dabei halte ich wenig von der Behauptung,
die Deutschen seien politikverdrossen. Viel einleuchtender finde ich die These, viele
Menschen seien statt politik-, bloß politikerverdrossen.
Denn: was viele Menschen
resignieren lässt, ist nicht, dass Politik ein schwieriges Geschäft ist, das von denen,
die sich ihm widmen, die Bereitschaft zu Kompromissen verlangt. Was viele resignieren
lässt, ist dass Politiker selbst dort Kompromisse machen, wo es - wie etwa beim verfassungsrechtlich
gebotenen Schutz des Lebens - keine geben kann.
Der Mangel an unverrückbaren
Überzeugungen, der fehlende Einsatz für zeitlos gültige Werte - wozu auch das Recht
auf Leben und dessen Schutz gehört -, die Bereitschaft, so gut wie alles auf dem Altar
des Kompromisses zu opfern, all das beschert den Politikern - quer durch die Parteienlandschaft
- einen immensen Glaubwürdigkeitsverlust. Und der wiegt viel schwerer, als ein hier
und da gedankenloser Umgang mit Privilegien, die den Volksvertretern niemand grundsätzlich
streitig machen will.
Wenn aber unsere Bundeskanzlerin, Frau Merkel, im Interview
mit dem christlichen Medienmagazin "pro" auf die Frage, was sie tun würde, wenn sie
in der Abtreibungsfrage allein entscheiden könnte, antwortet: "Ich meine, dass wir
nach langem Ringen in der Frage des Paragraphen 218 zu einer Lösung gekommen sind,
die tragfähig ist", dann frustriert sie damit alle.
Wer wie ich der Überzeugung
ist, dass auch das Kind im Mutterleib bereits ein Mensch ist, dem Würde zukommt und
der deshalb auch einen Anspruch auf einen wirksamen Schutz seines Lebens hat, muss
mit einer solchen Antwort genauso unzufrieden sein, wie derjenige, der die gegenteilige
Überzeugung vertritt, weil er glaubt, dass ein Embryo noch kein Mensch sei. Denn so
wie alle, die meine Überzeugung teilen, dass die Tötung hunderttausender Kinder im
Mutterleib pro Jahr niemals eine "tragfähige Lösung" sein kann, so können jene, die
glauben, dass der Embryo im Mutterleib noch kein Mensch sei, unmöglich mit dem Paragrafen
218 einverstanden sein. Sie müssen ihn vielmehr als eine unzulässige Einschränkung
der Rechte geborener Menschen betrachten.
Da in Fällen wie diesem unmöglich
beide Seiten Recht haben können, lassen sich hier Konflikte auch nicht dadurch lösen,
dass man sich irgendwo in der Mitte trifft. Wo nur eine Seite Recht haben kann und
die andere Unrecht haben muss, müssen sich Politiker auf die Seite des Rechts stellen.
Unterbleibt dies, schaden sie nicht nur den jeweils Betroffenen, sondern auch dem
Rechtsstaat und der Demokratie als Staatsform. Und weil dies derzeit leider immer
öfter geschieht, darf es auch nicht wundern, dass sich immer mehr Menschen von der
Politik abwenden und selbst den Wahlurnen fernbleiben. Gewonnen ist damit allerdings
noch nichts.
Gewonnen wäre nur etwas, wenn wir mit unseren Stimmen jene unterstützen,
die noch Überzeugungen haben und für zeitlose Werte - wie etwa den Schutz des Lebens
eintreten. Wenn wir systematisch jenen unsere Stimmen versagen, die das nicht tun.
Intelligent und konsequent wählen, das ist das Gebot der Stunde. Nötig ist dazu nur
eines: Wir müssen uns weniger für die Parteien und mehr für die Wahlkreiskandidaten
vor Ort interessieren. Mir zum Beispiel sind längst die persönlichen Einstellungen
der Kandidaten und ihr bisheriges Stimmverhalten viel wichtiger als die Farbe ihres
Parteibuches.
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "LebensForum" hat die
"Aktion Lebensrecht für Alle" deshalb auch eine Liste mit 124 Bundestagsabgeordneten
veröffentlicht, die Positionen vertreten, die sich mit denen von Lebensrechtlern decken.
Ihnen gilt es, am 27. September den Rücken zu stärken.
Ich geh' wählen! Tun
Sie es auch! (rv 12.09.2009 gem)