Das Afrikajahr im
Vatikan - Anfang des Jahres so genannt unter anderem wegen der Papstreise auf den
Kontinent - geht seinem Höhepunkt entgegen. In gut drei Wochen, vom 4. bis 25. Okotober,
versammeln sich Bischöfe und Laien zur Afrikasynode im Vatikan. Birgit Pottler stellt
die Themen vor:
Papst Benedikt XVI. hat die Synode im März in Kamerun symbolisch
eröffnet und den einzelnen Bischofskonferenzen das Instrumentum Laboris übergeben.
Dieses Arbeitspapier dient als Tagesordnung für die kommende Afrikasynode. Eine vom
Papst eingesetzte Kommission hat die Anmerkungen, Wünsche und Ideen der Bischofskonferenzen
des Kontinents zusammen getragen, die im Oktober im Vatikan diskutiert werden sollen.
Bis dahin dienen die 148 Punkte zur Vorbereitung der Synodenväter und ihrer Berater.
Das
Thema: Die Kirche im Dienst von Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Was bedeuten
diese Fragen für Afrika? Kardinal Wilfrid Fox Napier, Erzbischof von Durban in Südafrika,
legt den Fokus nicht so sehr auf die aktuelle Situation, vielmehr habe dieses Thema
eine Geschichte.
„Es wurde so formuliert auf der Basis der Antworten, die
die einzelnen Bischofskonferenzen dem Sonderrat für Afrika des Generalsekretariats
der Bischofssynode gegeben haben - und zwar seit der ersten Sondersynode 1994. Die
Fragen, die mit diesem Thema aufgezeigt werden, sind also mit Sicherheit solche, die
in der Kirche in Afrika in den vergangenen 15 Jahren entstanden sind.“
Die
Kirche Afrikas dürfe sich nicht vor den Problemen der Gesellschaft verschließen, sich
nicht selbst genügen. Dieser Appell ist die Grundlage für die Überlegungen der Bischöfe.
Wunde Punkte in der Politik, der Wirtschaft und im kulturellen Bereich seien nie nur
Probleme der Gesellschaft, sondern existierten auch in der Kirche selbst, denn ihre
Mitglieder seien „Söhne und Töchter der Gesellschaft“.
Das Instrumentum verschweigt
nicht Zwist und Spaltungen „im Schoß“ der Kirche Afrikas und benennt fremdenfeindliche
Haltungen von einigen Priestern oder unterschiedliche parteipolitische Positionen,
die auch in einzelne Bischofskonferenzen eingedrungen sind. Auch über verschiedene
Themen der Synode habe es in den Diözesen divergierende Ansichten gegeben. Die Synodenväter
sollten der Kirche Afrikas zur Einheit verhelfen – nur so könnten die einzelnen Ortskirchen,
die „prophetische Botschaft“ des Christentums besser verbreiten und Einfluss auf Politiker
nehmen. Kardinal Napier, im Oktober wird er im Präsidium der Synode sitzen, sagt dazu:
„Wir
wollen noch besser verbreiten, dass wir ,Licht der Welt’ und ,Salz der Erde’ sind.
Wenn wir Einfluss auf die Gesellschaft haben wollen, dann muss das Evangelium die
Mitte unseres Lebens sein, und jedes Mitglied der Kirche muss authentisch und zutiefst
evangelisiert sein. In anderen Worten: Wir müssen nach einer echten Freundschaft mit
Christus suchen, nach einer personalen Beziehung. Wir hoffen, dass die Synode uns
zeigt, wie das der Kirche in anderen Ländern Afrikas gelungen ist.“
Zwar
gebe es seit der ersten Sondersynode für Afrika vor 15 Jahren Zeichen, die auf einen
Reifeprozess des öffentlichen Gewissens hoffen ließen, dennoch kritisieren die Bischöfe
Fremdenhass und Bürgerkrieg sowie Politiker, die persönliche Interessen über das Gemeinwohl
stellen und deren Regierungsart demokratischen Prinzipien widerspreche. Misswirtschaft,
Ausbeutung und soziale Not hätten Menschenhandel, Prostitution und Kinderarbeit hervorgerufen
und Abertausende in die Flucht getrieben. Die Massenmedien hätten zu Hass und Gewalt
und einem Verfall der traditionellen Werte und der Kultur Afrikas beigetragen. Politische
Instabilität, die ihre Wurzeln in Sklaverei und Kolonialisierung habe, mache wahren
Frieden unmöglich. Zwar sei Frieden immer mehr als ein Schweigen der Waffen, doch
Konflikte seien das Symptom dafür, dass Frieden nicht existiert.
Der Südafrikaner
Napier weiß, wovon das Instrumentum Laboris spricht:
„1994 hatten wir eine
ganz einzigartige Situation. Die Übergangssituation in Südafrika war das beste Beispiel
dafür, dass man in Afrika Gutes schaffen kann, wenn die Menschen zusammenarbeiten
und sich von einer gemeinsamen Absicht leiten lassen. Der Wechsel von Apartheid zu
Demokratie war wahrscheinlich der unblutigste Übergang in ganz Afrika. Doch gleichzeitig
gab es die Massaker in Ruanda, die schlimmsten, die es je in Afrika gegeben hat. Der
Ethnozentrismus war Schuld am sinnlosen Verlust vieler Menschenleben. Die wahre Tragödie:
dass dies in Ländern wie Burundi und Ruanda geschah, vor allem in Ruanda, mit einem
hohen katholischen Bevölkerungsanteil. Vor 15 Jahren, da wussten wir nicht, ob wir
lachen oder weinen sollen, über das, was in Afrika geschah. Heute sehe ich viel mehr
Länder, die den Übergang von Diktaturen hin zu demokratischeren Regierungsformen geschafft
haben. Aber noch immer gibt es Gegenden, in denen die Bevölkerung nicht im Frieden
leben darf: Ich denke besonders an die Region der Großen Seen, den Westkongo oder
Nord- und Süd-Kivu, wo die Bevölkerung zermürbt ist.“
Wie in der Gesellschaft
gebe es auch in der Kirche Erfahrungen von Ungerechtigkeit, hält das Instrumentum
Laboris fest: Frauen würden in der Zusammenarbeit oft auf einen niederen Rang zurückgedrängt.
Selbst in kirchlichen Strukturen seien gerechte Gehälter nicht immer garantiert. Im
Umgang mit den Gütern der Kirche fehle es seitens der Hirten mitunter an Transparenz.
Auch innerhalb der kirchlichen Hierarchien fordern die Bischöfe Gerechtigkeit und
Objektivität im Umgang miteinander, ohne einzelne Volksgruppen zu bevorzugen. Frauen
sollten eine „sichtbarere Aufgabe“ erhalten, sie trügen außerdem zur Vermenschlichung
der afrikanischen Gesellschaft bei.
Auffallend: Das Instrumentum Laboris benennt
– wo inhaltlich möglich – stets die männliche und weibliche Form. Es spricht etwa
von Geschäftsmännern und –frauen, von Christen und Christinnen.
Die Afrikasynode
wird sich wie bereits die Weltbischofsynode 2008 mit der Ausbreitung der Sekten und
mangelnder Toleranz beschäftigen. Die Tagesordnung ermuntert die Seelsorger, sich
intensiv mit der traditionellen Religion ihrer jeweiligen Region zu beschäftigen und
ruft zu einem friedlichen Miteinander mit dem Islam auf. Die Religionen sollten gemeinsam
gegen die Probleme der Gesellschaft angehen. In katholischen Schulen sollte die religiöse
Identität muslimischer Kinder respektiert und damit ein Beispiel für die Erziehung
zu Toleranz und Frieden gegeben werden.
Die Bischofsversammlung solle unter
anderem „den Schrei der Armen, der Minderheiten, der in ihrer Würde verletzten Frauen,
der Ausgestoßenen…“ hörbar machen. Kirchliche Einrichtungen sollten sich weiterhin
für die Sorge an Kranken, und – mehrfach eigens benannt – an HIV-Patienten und gegen
die weitere Ausbreitung von Aids einsetzen. Den Ärmsten sollten Medikamente und medizinische
Versorgung frei zugänglich sein. Katholiken in Wirtschaft und Politik sollten sich
besonders für die Armen, die Flüchtlinge und die Jugend einsetzen, gegen Korruption
und Diktatur und für die Achtung der Menschenrechte kämpfen. Christen in internationalen
Organisationen sollten sich eine Option für die Armen zu eigen machen.