2009-09-11 15:38:50

Tschechien: „Benedikt ist der Richtige“


RealAudioMP3 Vor 20 Jahren, am 10. September, hat Ungarn die Grenzen zum Westen geöffnet. Am 30. September verkündete der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher in der deutschen Vertretung in Prag 4000 Menschen ihre Ausreisebewilligung. Grenzöffnungen, die schließlich zum Fall des Eisernen Vorhangs führten. Papst Benedikt XVI. wird bei seinem Besuch in der Tschechischen Republik Ende dieses Monats an die Ereignisse vom Herbst 1989 erinnern.

Politik und Gesellschaft hätten großes Interesse an der Visite des Kirchenoberhaupts vom 26. bis 28. September, berichtet gegenüber Radio Vatikan der tschechische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Pavel Vosalik. Doch Neugier auf den Papst reiche nicht, um seine Botschaft für das Land und seine Probleme 20 Jahre nach Ende des Kommunismus wirklich zu verstehen. Ganzheitliche, umfassende Bildung stellt der Diplomat dabei ganz nach oben auf die Agenda.

Der Besuch Benedikts XVI. sei gleichzeitig eine gute Gelegenheit, die Rolle der Weltkirche und ihre Bedeutung wieder neu bewusst zu machen, so Vosalik.

„Das ist ein Punkt, den wir in unsere alltägliche Bildung in Europa aufnehmen müssen. Wir sollten den Papst und den Heiligen Stuhl als wesentlichen Teil der europäischen Kultur und der europäischen Geschichte sehen, unabhängig davon, ob man Mitglied der katholischen Kirche ist oder nicht. Wir sollten schlicht sehen, dass die katholische Kirche fast zweitausend Jahre Geschichte mit der Geschichte und der Kultur Europas teilt.“

Benedikt XVI. besuche die Republik, nicht nur die Katholiken, betont der Botschafter. Gerade 20 Jahre nach Ende des Kommunismus könne der Papst ein Zeichen setzen und den Menschen helfen, nicht so sehr zurückzuschauen, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Benedikt XVI. sei dafür der „richtige Mann“. Vom Herbst 1989, von der „sanften Revolution“ berichtet Vosalik, damals Mitte 20:
 
„Das ging die ganze Nation an. Zum ersten Mal musste das kommunistische Regime die Grenzen für große Gruppen unserer Bürger öffnen. Zum ersten Mal sendete das kommunistische Fernsehen direkt aus dem Vatikan. Es ist sehr schwierig, diese Situation jemandem zu erklären, der das kommunistische Regime nicht selbst erlebt hat. Aber ,Vatikan’ und ,katholische Kirche’ waren für die Kommunisten Synonyme. Plötzlich konnten wir die Messe zur Heiligsprechung einer der Töchter des böhmischen Königshauses im kommunistischen Fernsehen sehen. Einige Tage später wurde dann die Messe dazu aus Prag übertragen. Ich denke, dass in diesem Moment sich die überwältigende Mehrheit meiner Mitbürger sich mit der Kirche identifizieren konnte, vielleicht nicht mit der Religion, aber mit ihren Werten, mit ihren Prinzipien und ihrem Geist.“

Rund ein Viertel der Tschechen sind Katholiken. Mehr als 75 Prozent der Bevölkerung lehnten jedoch noch vor einem Jahr die geplante Rückgabe von verstaatlichtem Kircheneigentum ab. Umfrageergebnisse sehen lediglich den karitativen Einsatz der Kirche positiv. Der 20. Jahrestag der Wende sei auch Anlass, neu über die Beziehung zwischen Kirche und Bevölkerung nachzudenken, so der Botschafter beim Heiligen Stuhl:

„Ich glaube nicht, dass wir wirklich Gefahr laufen, dass die Bevölkerung sich ganz von der Religion oder vom Glauben an Gott abkehrt. Das ist eher ein Problem der Institution Kirche. Wir ernten jetzt meiner Meinung nach die Ergebnisse unseres eigenen Verhaltens in den 90er Jahren. Die Kirche hat, so meine ich, damals die Gelegenheit nicht genutzt und ihre Chance verpasst. Das Volk war damals sehr aufnahmebereit.“

Die Kirche sollte ihre Kommunikation verbessern, meint Vosalik. Es sei zu einfach, weiter auf die Folgen des Kommunismus zu verweisen.

„Das ist zwanzig Jahre her. Es ist eine neue Generation herangewachsen, es gibt Menschen, die nach der Revolution geboren wurden und keinerlei Erfahrungen mit dem Kommunismus haben. Wenn wir also die Krise in unserem Land nur auf die spirituelle Zerstörung durch das kommunistische Regime schieben, dann muss ich fragen: Und was ist mit der jungen Generation? Was tun wir, um unsere Botschaft den jungen Menschen zu vermitteln. Wenn der Papst am dritten Tag seines Besuchs sich mit den Jugendlichen trifft, können wir vielleicht Zeugen einer neuen Art des Miteinander Redens werden.“

(rv 11.09.2009 bp)








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