Der Papst als Stolperstein: Katholiken und Orthodoxe diskutieren beim Renovabis-Kongress
- Von Bernd Buchner (KNA) Ostkirchliches Institut in Regensburg, Collegium Orientale
in Eichstätt, Osteuropa-Hilfswerk Renovabis in Freising: Bayern ist ein Kraftzentrum
beim kirchlich vorangetriebenen Brückenschlag zwischen Ost- und Westeuropa. Erneut
deutlich wurde das beim 13. Internationalen Renovabis-Kongress, der am Wochenende
in Freising zu Ende ging. Knapp 400 Frauen und Männer aus 29 Ländern nahmen an dem
dreitägigen Treffen teil - so viele wie nie zuvor. Auf dem Programm standen unter
dem Leitwort «Einheit suchen - Vielfalt wahren. Ost und West im ökumenischen Gespräch»
Referate, Diskussionen und Workshops sowie geistliche Angebote. In den vergangenen
Tagen sei eine «Basis des Vertrauens zwischen Katholiken und Orthodoxen» deutlich
geworden, sagte Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pater Dietger Demuth. Das Gespräch
zwischen beiden Seiten nehme eine gute Entwicklung. Renovabis war 1993 gegründet worden
und half seither mit rund 450 Millionen Euro in den ehemals kommunistischen Ländern.
Es sei sehr wichtig gewesen, dass in Freising die verschiedenen Kirchen zu Wort gekommen
seien, so der Geistliche. Auch wenn es zwischen katholischer und orthodoxer Kirche
keine Einheit gebe, könnten sie in ethischen und sozialpolitischen Fragen zusammenarbeiten.
Die von manchen gepflegte Hoffnung auf eine rasche Einheit dämpfte Kurienkardinal
Walter Kasper. Man solle sich hier «keiner Naherwartung hingeben», so der Präsident
des päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Die Geschichte von 1.000 Jahren
Trennung der Christen in Ost und West lasse sich nicht kurzfristig umkehren. Der katholische
Ostkirchenexperte Johannes Oeldemann verwies darauf, dass die katholisch-orthodoxe
Spaltung nicht bis an die Wurzel des Glaubens gegangen sei, und rief dazu auf, einander
«wiederzuentdecken». Ein Stolperstein auf dem Weg ist das Papstamt mit seinem
Primatsanspruch. Die Orthodoxen würden wohl einen Ehrenprimat akzeptieren, nicht aber
die römische Rechtsprechung. Dass sich Primat und Synodalität nicht ausschließen,
darüber herrschte Konsens - selbst Kasper deutete katholische Defizite bei synodalen
Entscheidungsbefugnissen an. Bei der nächsten katholisch-orthodoxen Gesprächsrunde
im Herbst auf Zypern steht die Frage erneut auf der Tagesordnung. Ein wesentlicher
Fortschritt wäre eine innerorthodoxe Verständigung, die nach den Worten Oeldemanns
einer katholisch-orthodoxen Einheit vorausgehen muss. Der Renovabis-Kongress lieferte
dafür mit einem Ukraine-Schwerpunkt ein anschauliches Beispiel. In der ehemaligen
Sowjetrepublik gibt es neben der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche drei
konkurrierende orthodoxe Kirchen: Eine mit Moskau und eine mit Konstantinopel verbundene
sowie eine dritte, die sich nach dem Fall des Kommunismus vom Moskauer Patriarchat
löste. Da ist Streit vorprogrammiert. Vertreter der unterschiedlichen orthodoxen
Denominationen hatten am Rande der Tagung Gelegenheit zum Austausch. Dieser sei auf
«neutralem Boden» oft leichter als in den Ländern selbst, betonte Demuth. Zudem wurde
klar, dass etwa beim Religionsunterricht die Kirchen mit jüdischen und muslimischen
Gruppen zusammenarbeiteten. Säkularisierung, Globalisierung und Pluralismus seien
eben für alle Christen Herausforderungen. Kasper wandte sich zudem gegen den Eindruck,
die katholische Kirche ziehe im ökumenischen Dialog die orthodoxen den evangelischen
Christen vor. Auch die Freisinger Konferenz zeigte das Gegenteil: Viele Protestanten
nahmen teil, unter ihnen der Ökumenebeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland,
Jürgen Schneider. Die evangelische Theologin Jennifer Wasmuth leitete eine der Sektionen.
Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller betonte mit Blick auf den 2. Ökumenischen
Kirchentag 2010 in München, man dürfe nicht in ein «negatives Gerede über eine ökumenische
Eiszeit verfallen».