2009-09-03 10:51:55

Polen: Geste der Versöhnung mit russischer Kirche?


RealAudioMP3 Die polnischen Bischöfe streben eine Versöhnungsgeste mit der russisch-orthodoxen Kirche an. Als Grundlage dafür könne die Formel „Wir vergeben und bitten um Vergebung“ aus dem Schreiben der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder von 1965 dienen. Das erklärte der Lubliner Erzbischof Jozef Zycinski in einem Interview der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI. Mit ihrer mutigen und seinerzeit in ihrem Land überaus umstrittenen Geste haben die damaligen polnischen Bischöfe die heute zwischen beiden Völkern erreichte Verständigung und Aussöhnung vorangebracht.

In diesem vor rund 45 Jahren eingeschlagenen Weg der polnischen Kirche auf den westlichen Nachbarn zu, sieht Zycinski ein Modell für eine Versöhnungsgeste gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche. Für eine derartige Versöhnungsbotschaft an die Adresse des östlichen Nachbarn hat sich ebenso der Gnesener Erzbischof Henryk Muszynski ausgesprochen. „Die Zukunft geht in diese Richtung“, betonte Muszynski gegenüber der Agentur KAI. „Dies nicht nur, weil es keine Alternative dazu gibt, sondern weil es eine der wichtigsten Forderungen des christlichen Lebens ist“. Die konkrete Form einer möglichen Versöhnungsinitiative sei allerdings noch unklar. Die Ausarbeitung eines solchen Dokumentes werde sehr schwierig sein, so der Erzbischof, der im Dezember von Kardinal Jozef Glemp das Ehrenamt des Primas der katholischen Kirche in Polen übernehmen wird. In den polnisch-russischen Beziehungen hält Zycinski einen „ähnlichen Durchbruch“ für möglich wie 1965 beim Briefwechsel zwischen der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz. Er verwies auf zwei Treffen von polnischen Bischöfen mit dem damaligen Leiter des Außenamtes der russisch-orthodoxen Kirche und heutigen Moskauer Patriarchen Kyrill I. Diese Begegnungen hätten in einem allgemeineren Kontext der katholisch-orthodoxen Beziehungen stattgefunden.

Nicht nur Deutsche schuldig
Eine Mehrheit der Polen macht laut Umfragen für den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren nicht nur Deutschland, sondern auch die Sowjetunion verantwortlich. Der Grund: Eine Woche vor dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 hatten Berlin und Moskau in einem geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt die Aufteilung Polens untereinander geregelt. Am 17. September marschierte die Rote Armee in Ostpolen ein. Belastet werden die Beziehungen zwischen Polen und Russland zudem durch die Ermordung von rund 20.000 polnischen Kriegsgefangenen, vor allem von Offizieren, auf Befehl Stalins 1940 in Katyn. In Polen wird dafür von Moskau eine offizielle Entschuldigung erwartet. Zycinski betonte indes, bei Problemen zwischen Ländern sei die Schuld nicht nur auf einer Seite zu suchen.

Erstmalige Idee
Die Idee für eine polnische Versöhnungsgeste mit der russisch-orthodoxen Kirche war erstmals in der vorigen Woche publik geworden. Nachdem der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz am vergangenen Dienstag die gemeinsame Erklärung der Deutschen und Polnischen Bischofskonferenz zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs vorgestellt hatte, sprach er dieses Thema an. Es gebe bereits, teilte der Kardinal mit, erste Schritte in Richtung einer ähnlichen Erklärung der polnischen katholischen und der russisch-orthodoxen Bischöfe. „Aber es ist schwer, etwas zu verhandeln“, erklärte Dziwisz zugleich. Aus dem Moskauer Patriarchat ist bislang keine Reaktion zu diesem Vorstoß bekannt.

(rv/kna 03.09.2009 mg)







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