2009-09-02 15:54:51

Neue Ratzinger-Schüler in Castelgandolfo


RealAudioMP3 Mission aus ökumenischer Sicht – darüber sprach in diesem Jahr der Ratzinger-Schülerkreis, der am vergangenen Wochenende in Castelgandolfo tagte – teils unter Anwesenheit Papst Benedikts. Mit dabei war auch der „Neue Schülerkreis“, eine Gruppe von 18 überwiegend jungen Theologen am Anfang ihrer akademischen Laufbahn.

Die Themen, die der Schülerkreis behandelt, sind jedes Jahr aus der Mitte der theologischen Debatten der Zeit gegriffen. Bisher etwa ging es um Islam, um Evolution und Schöpfung, um den historischen Jesus und seine Passion. In diesem Jahr: Mission. Michaela Hastetter vom Säkularinstitut Cruzadas de Santa Maria ist seit einem Jahr Sprecherin des „Neuen Schülerkreises Papst Benedikt XVI.“. Sie erklärt:

„Das Aktuelle ist vielleicht, dass es wenig aktuell ist: dass Mission aus dem Bewusstseinsfeld der theologischen Forschung herausgefallen ist, dass es viel interessanter geworden ist, sich mit anderen Religionen und deren Inhalten zu beschäftigen, aber nicht mehr so diese Missionserfahrung und die Theologie der Mission zu betrachten, wie öfter auch festgestellt worden ist bei dieser Tagung.“

Die 18 Theologinnen und Theologen des „Neuen Schülerkreises“ hatten schon in ihren Vorab-Begegnungen über Themen diskutiert, die Papst Benedikt in seinem bisherigen Schrifttum über die Mission behandelte. Christoph Ohly, Priester der Erzdiözese Köln, Privatdozent für Kirchenrecht an der Universität München, und ebenfalls Sprecher des Neuen Schülerkreises:

„Da waren vor allem das Verhältnis von Mission und Eucharistie ein Thema, das Verhältnis von Mission zu Sammlung und Sendung, aber auch die theologische Verortung der Mission als ein Vorgang, der aus Gott selbst heraus stammt - also dass uns nicht nur eine Aufgabe übergeben ist, die wir als Kirche oder als einzige Gläubige zu erfüllen haben, sondern die aus dem Westen Gottes selbst stammt.“

Ganz wichtig bei der Tagung in Castelgandolfo waren die Beiträge aus den Teilkirchen. Die beiden Schülerkreise – sowohl der „klassische“ als auch der „neue“ – beschäftigten sich mit zwei davon, in denen Mission traditionell Thema ist: Afrika und Indien. Michaela Hastetter:

„Mich hat ein indischer Missionar beeindruckt, der hier teilgenommen hat und der zum eigentlichen Schülerkreis gehört. Er sagte, was sorgen wir uns so sehr um die ausländischen Missionen und nicht mehr um die eigenen in Europa? Der Orden, dem er in Indien angehört, schickt jetzt Missionare vorwiegend in die Entwicklungsländer, aber auch in die Industrieländer, weil Europa selbst zum Missionsland geworden ist.“

Ein Theologe aus Afrika hingegen referierte vor dem Schülerkreis,

„dass viele Gläubige in einem gewissen Territorium mit einer Pfarrkirche leben, aber dann doch in verschiedenen kleinen Orten teils 20 Kilometer auseinander gelegen in kleinen christlichen Gemeinschaften Familien miteinander verbringen. Und doch versuchen sie, dieses Territorium als Pfarrei mit ihren entsprechenden Strukturen zu gestalten. Das erinnert natürlich – gerade wenn man denkt, das ist ein Missionsland – tatsächlich auch an die Situation in Deutschland, Österreich, der Schweiz, wo es ja viele Umstrukturierungsprozesse in den Diözesen gibt. Und da kann man denken: Auch wir sind Missionsland, wir selbst gehören auch in eine Struktur hinein, die sich überlegen muss, wie erreichen wir die Menschen, auch wenn sie weit auseinanderliegen, mit der Botschaft des Evangeliums, die uns erfüllt. Das ist für mich eine ganz überraschende Perspektive, wie nah wir doch in dieser einen katholischen Kirche sind, auch wenn wir uns auf unterschiedlichen Kontinenten befinden, und sicherlich die Situation auch nochmals spezifisch geprägt sind, aber es kommt doch viel Verbindendes dabei heraus.“

Der Schülerkreis entstand 1972 in Regensburg aus dem Doktoranden-Kolloquium des Dogmatik-Professors Joseph Ratzinger. Über die Jahre blieb der Kreis bestehen, auch als alle ihre Doktorarbeit längst abgegeben hatten und dann in akademische Karrieren wechselten. Zum Papst gewählt, mochte Benedikt XVI. diese jährlichen Treffen nicht aufgeben. Seit 2005 finden sie daher in Castelgandolfo immer Anfang September statt. Was den Schülerkreis auszeichnet, ist die einzigartige Debattenkultur, wie die langjährigen Ratzinger-Eleven einhellig berichten. Der berühmte Professor habe niemals bloß eine „Denkschule“ gehabt, die den einzelnen in seiner Art zu Argumentieren überformte, sondern sei immer offen gewesen für andere Themen und Argumente. Diese Debattenkultur gilt auch für den „Neuen Schülerkreis“, sagt Christoph Ohly:


„Was wir uns - ein wenig theoretisch - über Mission überlegen, hat tatsächlich auch praktische Auswirkungen. Das kann man anhand der dargestellten Erfahrungen auch abgleichen, und dabei kommen unterschiedliche Positionen und Schwerpunkte heraus, aber nie in einer Art und Weise, die so kontrovers ist, dass man nicht mehr miteinander spricht, sondern im Gegenteil, die dann zu einem fruchtbaren Dialog führt, der möglicherweise auch neue Perspektiven eröffnet. Das ist auch das Ziel der kurzen Tage hier in Castel Gandolfo.

Der junge Grazer Theologe Peter Rosegger erzählt:
 
„Für mich war besonders wertvoll die Erfahrung der gemeinsamen Liturgie mit dem Heiligen Vater, auch die Verbindung von Liturgie und Studium, die in diesen Tagen möglich gewesen ist, und die Erkenntnis, dass Mission etwas ist, was auch eine innere Haltung ist, mit dem man sein Christsein im Alltag entfalten soll und dass das nicht etwas ist, was äußerlich zum Glauben dazukommt, sondern dass man selbst nicht dispensierbar ist.“

Die Begegnungen mit Papst Benedikt beeindruckten auch Michaela Hastetter ganz besonders. Was sie aus Castelgandolfo mitgenommen hat?

„Vielleicht ein Gedanke aus der sehr beeindruckenden Predigt am Sonntag vor dem Frühstück, aus der Messe, die wir mit dem Heiligen Vater feiern durften. Er hat dabei von der Freude gesprochen, die uns auszeichnen muss, diese Freude, die aus der Freundschaft mit Gott heraustritt und sich dann dem Menschen zuwendet, und er sagte, dass es attraktiv ist, an Jesus Christus zu glauben, weil wir hier diese Freude in Fülle haben.“

Nächstes Jahr trifft sich der „Neue Schülerkreis“ zur Vorbereitung auf Castelgandolfo in der Steiermark.
(rv 02.09.2009 gs)








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