2009-08-29 10:59:06

D: Kermani soll doch den Preis bekommen


Der Islamwissenschaftler Navid Kermani soll nun doch den Hessischen Kulturpreis 2009 erhalten. Das ist das Ergebnis eines mehr als zweistündigen Gesprächs, zu dem sich die vier designierten Preisträger am Freitag in Mainz getroffen haben. Außer Kermani nahmen daran Kardinal Karl Lehmann teil, der frühere evangelische Kirchenpräsident Peter Steinacker und der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn. Eine kurze Erklärung teilte hinterher mit, die zwei christlichen und der jüdische Gesprächsteilnehmer seien der Ansicht, dass Kermani mit dem Preis „mitausgezeichnet werden soll“.

Das Statement hat nur wenige Zeilen und macht noch nicht einmal den Versuch, die Debatte zwischen den vier Männern nachzuzeichnen. Nur auf die „sachliche, offene und respektvolle Atmosphäre“ wird eigens verwiesen. Die Gesprächspartner seien im Mainzer Bischofshaus unter sich gewesen, wird außerdem betont.

Damit geht ein heftiger interreligiöser Streit zunächst einmal zu Ende, der Mitte Mai ausgebrochen war. Damals war Kermani der Hessische Kulturpreis vom zuständigen Kuratorium aberkannt worden. Vorsitzender des Kuratoriums ist der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Hintergrund des Rückziehers: Kardinal Lehmann und Steinacker hatten es abgelehnt, gemeinsam mit Kermani ausgezeichnet zu werden. Sie warfen ihm vor, in einem Zeitungsartikel das Kreuz als zentrales christliches Glaubenssymbol fundamental und unversöhnlich angegriffen zu haben. In dem Essay hatte der Schriftsteller geschrieben: "Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie". Zugleich hatte er sich von der Betrachtung eines Kreuzigungsgemäldes tief berührt gezeigt.

„Dass am Ende ein einfaches Gespräch unter insgesamt wohl acht Augen alles geklärt hat, ist auf seine Weise auch wieder schockierend“, kommentiert die „Frankfurter Rundschau“. Einerseits sei „eine skandalöse Geschichte im weitesten Sinne glücklich“ beendet worden. „Andererseits wäre es vielleicht doch besser gewesen, schon vorher einmal miteinander ins Gespräch zu kommen“, so das Blatt: „Man hätte sich viel weniger blamiert... So bleibt es eine böse Geschichte.“ Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hingegen sieht den Streit beigelegt.

Der Vorsitzende des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland, Axel Ayyub Köhler, spricht von einem „späten Sieg der Vernunft“. Besser wäre es allerdings gewesen, „wenn die Kirchenvertreter von Anfang an weniger emotional“ reagiert hätten. In der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland habe der Konflikt um die Preisverleihung nach Köhlers Worten „durchaus Verletzungen ausgelöst“. Aber „auch wir Muslime müssen lernen, mit so etwas gelassener und großzügiger umzugehen und nicht immer gleich auszusteigen“.

Kermani ist ein deutscher Schriftsteller persischer Herkunft; er lebt in Köln. Bekannt wurde er durch sein Buch „Gott ist schön“ über die ästhetische Rezeption des Korans.

(kna/bistum mainz/fr-online/rv 29.08.2009 sk)

Wir dokumentieren hier die Erklärung des Bistums Mainz vom Freitag Abend im vollen Wortlaut.

Gemeinsame Erklärung nach einem Gespräch am 28. August 2009 in Mainz

Die Unterzeichnenden kamen am 28. August 2009 in Mainz zu einer Aussprache über die Ereignisse um die Vergabe des Hessischen Kulturpreises 2009 zusammen. Im Verlauf der über zwei Stunden sich erstreckenden Diskussion wurden ohne eine weitere Beteiligung anderer Personen alle Aspekte der Kontroverse diskutiert. Es herrschte eine sachliche, offene und respektvolle Atmosphäre.

Dr. Navid Kermani,
Prof. Dr. Salomon Korn,
Karl Kardinal Lehmann,
Kirchenpräsident i.R. Prof. Dr. Peter Steinacker

Prof. Dr. Salomon Korn, Karl Kardinal Lehmann und Kirchenpräsident i.R. Prof. Dr. Peter Steinacker sind der Ansicht, dass Herr Dr. Navid Kermani mit dem Hessischen Kulturpreis mitausgezeichnet werden soll.

Mainz, 28. August 2008









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