Als „Bruder der Armen“
ist der brasilianische Bischof Dom Hélder Câmara schon zu Lebzeiten bezeichnet worden.
An diesem Donnerstag vor zehn Jahren, am 27. August 1999, starb der wohl bekannteste
Bischof Lateinamerikas im Alter von 90 Jahren. Gemeinsam mit dem 1980 ermordeten Erzbischof
Oscar Arnulfo Romero aus El Salvador verkörperte er den Aufbruch der lateinamerikanischen
und der Weltkirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, er stand für die Basisgemeinden
und die „Option für die Armen“. Und das Wirken Câmaras reicht weit über seinen Tod
hinaus, erklärt der ehemalige Vorsitzende des Hilfswerks Adveniat in Deutschland,
Weihbischof Franz Grave im Interview mit dem Kölner Domradio. Das liege vor allem
daran,…
„… dass Hélder Câmara ja eine ausgesprochen glaubwürdige Persönlichkeit
war, insbesondere im Hinblick auf das, was er sagte und das, was er tat. Er hat nicht
nur die Option für die Armen immer wieder eingefordert mit bewegenden Worten – zuhause
und in der weiten Welt –, sondern er hat auch immer wieder darauf aufmerksam gemacht,
dass die Worte für die Armen nur dann glaubwürdig sein können, wenn die Priester und
die Bischöfe selbst ein Beispiel der Armut geben.“
„Entwicklung ist Frieden,
Unterentwicklung ist Krieg“, lautete die Botschaft, die Câmara verbreitete und mit
der er polarisierte. Der „Bruder der Armen“ war nicht unumstritten, auch innerhalb
der Kirche trafen seine Ansichten oft auf Widerstand. Doch auch dies habe ihn davon
abhalten können, sich für die Armen einzusetzen, sagt Franz Grave:
„Er war
jemand, der doch sehr Christus-bezogen lebte und der abgestützt lebte in einem festen
Glauben an Jesus Christus, der bei ihm ist und der seine Aufgabe mit trägt und manchmal
auch gegen einen gewissen Gegenwind in der Kirche mit durchhält. Er war davon überzeigt,
dass die Option für die Armen durchgetragen werden musste und er feierte nicht nur
die Gegenwart Jesus in der Eucharistie, sondern Jesus in den Armen - das war ebenso
seine feste Überzeugung. Das hat ihn letztlich getragen.“
Hélder Pessoa
Câmara wurde am 7. Februar 1909 als elftes von 13 Kindern in Fortaleza im Nordosten
Brasiliens geboren und 1931, erst 22 Jahre alt, zum Priester geweiht. Von seinem Bischof
mit dem Aufbau katholischer Organisationen in der Hauptstadt Rio de Janeiro beauftragt,
stieg er zum ersten Generalsekretär der 1952 gegründeten brasilianischen Bischofskonferenz
auf und wurde 1964 selbst Erzbischof von Olinda und Recife. Während seiner Amtszeit
setzte sich Câmara für eine Landreform, für bessere Lebensbedingungen der Armen und
für die Alphabetisierung der Bevölkerung ein. Mit 76 trat Dom Hélder im Jahr 1985
von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger machte vieles anders, manche sagen, er drehte
die Uhren zurück. Câmara hielt sich mit Bewertungen zurück. Papst Johannes Paul II.
würdigte ihn in im Kondolenzschreiben 1999 als „engagierten Seelsorger“ und erinnerte
an seine „unzähligen pastoralen Aktivitäten“.