D/Polen: Bischöfe erinnern an Kriegsbeginn - „Gemeinsam Europa aufbauen“
Die Nachkriegsgenerationen
müssten ein angemessenes Verständnis des Zweiten Weltkriegs gewinnen und bewahren.
Dazu haben an diesem Dienstag die Vorsitzenden der deutschen und polnischen Bischofskonferenz
in einer gemeinsamen Erklärung aufgerufen. Anlass ist der 70. Jahrestag des Beginns
des Zweiten Weltkriegs am kommenden 1. September.
Erzbischof Robert Zollitsch
und Erzbischof Józef Michalik unterstreichen in dem gemeinsamen Dokument ihre „lebendige
Sorge um den Frieden“. Die Erinnerung an den Krieg erfolge in der heutigen Zeit unter
neuen Voraussetzungen. Die Zahl der Zeitzeugen nehme ab, also müssten die Nachkriegsgenerationen
in beiden Ländern das Gedächtnis an Krieg und Verbrechen aufrechterhalten. Dazu gehöre
„Redlichkeit in der Auseinandersetzung mit den Schrecken der Vergangenheit“, mahnen
die Bischöfe, und auch „der Verzicht auf Stereotypen, die wirkliches Verstehen behindern
und das mühsam gewachsene Vertrauen zwischen Polen und Deutschen untergraben können“.
Dafür wollten die Oberhirten mit ihrer Erklärung ein Zeichen setzen, sagte Zollitsch
gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur:
„Der Versuch in dieser Erklärung
ist ja, eine gemeinsame Sprache zu finden. Es kommt immer wieder die große Frage,
wer hat mehr gelitten, wo ist eigentlich der Ursprung dessen, dass so etwas Furchtbares
geschehen konnte. Einerseits ist klar, Hitler hat den Krieg begonnen am 1. September
1939 und das ist seine Last. Es sind dann dort in Polen viele Menschen umgekommen,
die ganz Intelligenz sollte vernichtet werden, es sind Viele, die ihre Heimat verloren
haben und es war dann die Folge dieses Krieges, dass auch viele Deutsche ihre Heimat
verloren haben und heute natürlich in Trauer auf diese Heimat zurückschauen.“
Geeint
verurteilten die deutschen und polnischen Bischöfe das Verbrechen des Krieges ebenso
wie die Vertreibungen. Dabei würden sie aber niemals „den inneren Zusammenhang und
die Abfolge der Geschehnisse“ verkennen, so die Bischöfe. Erinnerung dürfe nicht zur
Revanche oder für nationalistische Forderungen missbraucht werden, stellte Erzbischof
Zollitsch klar:
„Wenn etwa eine Organisation bei uns meint, man könne nun
das, was einmal in deutschem Besitz war, heute wieder zurückholen oder auf gerichtlichem
Wege einklagen, dann müssen wir sagen, hier schauen Menschen zu weit zurück. Denn
die Menschen, die heute dort wohnen, sind dort aufgewachsen und das ist ihre Heimat
geworden. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, auch wenn das für Viele schmerzhaft
ist. Es gibt keine Veränderung dieser Grenzen mehr zwischen Deutschland und Polen,
es sei denn dass die Grenzen ganz fallen in einem vereinten Europa und das ist eigentliche
das Ziel.“
Zollitsch erinnerte auch an das bedeutsame Versöhnungsschreiben
der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder von 1965, das ein Zeichen für
den Neuanfang im Verhältnis beider Völker setzte. Diesen Weg der Aussöhnung wolle
die Kirche in Deutschland gemeinsam mit den polnischen Katholiken fortsetzen, so der
Erzbischof:
„Und diese Neuerklärung, sie setzt auch den Weg in die Zukunft,
denn jetzt sprechen wir von dem, was Europa für uns bedeutet, als gemeinsames Haus,
als gemeinsame Aufgabe. Wir spüren, dass trotz der breiten Versöhnungsarbeit trotzdem
noch Wunden da sind und dass alte Wunden immer wieder aufbrechen. Wenn es uns gelingt,
eine gemeinsame Sprache über diese alten Wunden zu finden und dann auch zur Heilung
der Wunden beizutragen, dann haben wir entscheidendes erreicht.“