D/Russland: Begeistert von junger Kirche, Osnabrücker Studenten bei Jugendtreffen
in Kasan
Rund 250 Jugendliche
aus allen vier russischen Diözesen sind Mitte August für vier Tage in der Millionenmetropole
Kasan im Wolgabistum St. Clemens zum 5. Gesamtrussischen Jugendtreffen zusammengekommen.
Daran teilgenommen haben auch Jugendliche aus der Diözese Osnabrück. Welche Eindrücke
sie von dem Jugendtreffen und der katholischen Kirche in Russland mit nach Hause genommen
haben, berichteten sie im Interview mit Radio Vatikan: „Also ich war das erste
Mal in Russland. Bei dem Jugendtreffen fand ich das sehr schön, dass der Glauben sehr
intensiv gefeiert wurde und dass vor allem sehr viele Jugendliche da waren, die auch
das Bild der russisch katholischen Kirche sehr geprägt haben.“ „Eigentlich
hat man ja hier in Deutschland den Eindruck, dass die Kirche so ein bisschen ausstirbt,
wie immer gesagt wird, und nur noch die Alten in die Kirche gehen. Eigentlich hatte
ich da in Russland den Eindruck, dass es genau andersherum ist.“ Das sagen
Theresia, 21, und Sophia, 20, die beide in Osnabrück für das Lehramt studieren. Gemeinsam
mit sechs weiteren Jugendlichen, einem Kaplan und einem Caritasmitarbeiter aus dem
Bistum Osnabrück waren sie beim Jugendtreffen im westrussischen Kasan dabei. Gefördert
durch das Renovabis-Programm „Go-East“ reisten die Jugendlichen zunächst nach Sankt
Petersburg, dann vorbei an Moskau bis in das Wolgabistum St. Clemens. Sie waren aber
nicht die einzigen, die einen weiten Weg bis nach Kasan in Kauf nahmen.
„Die
Allermeisten hatten einen viel weiteren Anfahrtsweg als wir selbst, also die Entferntesten
haben 8000 Kilometer mit dem Zug hinter sich gebracht“, erklärt Ottmar
Steffan. Er ist im Bistum Osnabrück der Caritas- Verantwortliche für Weltkirchliche
Arbeit in Mittel- und Osteuropa und hat die Jugendlichen auf ihrer Fahrt nach Kasan
begleitet. Schon seit Jahren nimmt er mit jungen Katholiken aus Osnabrück an den russischen
Jugendtreffen teil.
Das liegt daran, dass wir vom Bistum Osnabrück eine
zehnjährige Partnerschaft mit dem Wolgabistum St. Clemens haben und dem dortigen Bischof
Clemens Pickel. Als der zweite katholische Jugendtag vor acht Jahren in Irkutsk war,
hat er gefragt, ob wir nicht daran teilnehmen wollen. Und weil uns das so gut gefallen
hat, sind wir jedes Mal wieder eingeladen worden. Das Wolga-Bistum,
das Bischof Pickel betreut, ist so groß wie die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich,
Spanien und Portugal zusammen, reicht vom Ural bis an die Grenzen der Ukraine, im
Norden bis Kasan, im Süden bis zur Grenze Georgiens. Etwa 47 Millionen Menschen leben
dort. Nur zehn- bis fünfzehntausend von ihnen sind Katholiken. Die 59 Gemeinden im
Bistum liegen teils mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt. Gerade für die
Jugendlichen, die in dieser tiefen Diaspora leben, ist es wichtig, sich dennoch als
Glaubensgemeinschaft, als Teil der Weltkirche zu fühlen. Dafür gibt es das Jugendtreffen,
sagt Ottmar Steffan: „Das muss man sich vorstellen wie so einen kleinen Weltjugendtag
mit Feiern mit Gebeten mit Kreuzweg mit Katechese, mit vielen Liedern und Gesprächen.
Also einfach ein großes Gemeinschaftserlebnis.“ Dazu haben auch die Osnabrücker
Jugendlichen beigetragen, berichtet Sophia, die sich in ihrer Heimatgemeinde als Lektorin
engagiert: „Wir haben in einigen Gottesdiensten eben auch mitgesungen, das heißt
wie haben deutsche Lieder vorgesungen mit unserer Gruppe, obwohl wir nicht sehr viele
waren – ich weiß auch gar nicht, wie sich das wohl angehört hat – und wir haben zwei,
drei Lieder mitgesungen und manchmal konnten wir auch deutsche Fürbitten vorlesen
und unser Kaplan, der mitgereist ist, hat dann auch einmal das Evangelium auf deutsch
vorgetragen.“ Auf dem Programm stand für die über 200 Jugendlichen auch eine
Wallfahrt in das orthodoxe Kloster, das die berühmte Kasaner Madonnen-Ikone verwahrt.
Diese befand sich bis vor wenigen Jahren in den päpstlichen Privatgemächern im Vatikan.
Papst Johannes Paul hatte sie 2004 an die orthodoxe Kirche zurückgegeben. Das freundschaftliche
Zusammenleben verschiedener Konfessionen und Religionen, sei in Kasan sehr präsent,
berichtet Ottmar Steffan:
„In der Millionenstadt gibt es eine Mehrheit der
Bevölkerung, die muslimisch geprägt ist. Kasan ist die Hauptstadt der Tartaren. Die
russische Bevölkerungsgruppe und andere sind dort in der Minderheit. Das ist eine
große Herausforderung, da der interkulturelle Dialog in Russland wirklich noch an
den Anfängen ist. Kasan ist diesbezüglich ein großes Vorbild, wo Muslime, die orthodoxe
Kirche und die katholische Kirche sehr intensiv miteinander arbeiten und dort auch
zum friedlichen Miteinander aufrufen.“ Aber nicht nur zwischen den Religionen
in Kasan gibt es regen Dialog. Auch die russischen und deutschen Jugendlichen haben
sich bestens verstanden, berichtet Theresia:
„Aus unserer Gruppe waren auch
russisch-deutsche Jugendliche da, die gedolmetscht haben. Wenn man die nicht gerade
dabei hatte, hat man sich auf Englisch unterhalten oder Französisch oder einige konnten
auch deutsch.“ Und wenn dennoch Verständigungsprobleme auftauchten?
„Die
hat man dann auch mit Hand und Fuß beseitigen können.“ Besonders beeindruckt
berichten die beiden Osnabrücker Studentinnen von dem lebendigen Glaubenszeugnis der
russischen Jugendlichen. In einem stark atheistisch geprägten gesellschaftlichen Kontext,
in dem der Katholizismus kaum verwurzelt ist, hätten es junge Katholiken oft schwer,
erzählt Theresia: „Teilweise mussten sie das auch vor ihren Familien geheim
halten. Was mich sehr fasziniert hat, war, dass zuerst die Kinder zum katholischen
Glauben gekommen sind und dann ihre Eltern davon überzeugt und motiviert haben sich
diesen Glauben erstmal anzuschauen, und dass später dann auch die Eltern überzeugte
Katholiken waren. Das ist bei uns ja eher anders herum.“ Natürlich ging es
auf dem viertägigen Treffen nicht jede Minute um Glaubensfragen, berichtet Sophia:
„Abends
haben wir auch zusammen gesessen oder an dem letzten Abend gab es so ne Art Disco.
Wir haben zusammen getanzt und ohne dass man sich großartig unterhalten konnte, hat
man sich dennoch irgendwie verstanden und Kontakte geknüpft. Ich schreibe mir jetzt
schon mit einer russischen Jugendlichen übers Internet Emails und das ging eigentlich
ganz schnell, obwohl das eigentlich nur drei, vier Tage waren, die wir da waren, haben
wir sehr schnell Kontakt gefunden.“ Neben neuen Kontakten, interessanten Eindrücken
und schönen Erinnerungen, haben die Jugendlichen noch ein besonderes Souvenir aus
Kasan mitnehmen können. Ein kleines Holzkreuz.
„Ich habe mir schon vorgenommen,
dass ich, wenn ich jetzt das nächste Mal in die Kirche gehe und die Lesung lese, dieses
Kreuz mitzunehmen und auch dem Pastor zu zeigen…Ich hatte so den Drang danach einfach
viel von diesem Jugendtag meiner Gemeinde zu erzählen. Da habe ich mir eben vorgenommen
dieses kleine Kreuzchen mitzunehmen.“ (rv 24.08.2009 ad)