2009-08-21 14:24:12

Afghanistan: „Keine Taliban-Nostalgie“


RealAudioMP3 Afghanistan hat gewählt. Trotz Gewalt gingen nach ersten Angaben zwischen 40 und 50 Prozent an die Urnen. Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl werde laut Wahlkommission frühestens am Sonntag feststehen. Internationale Beobachter bewerten den Ablauf der Wahlen unterschiedlich. Sie seien ruhiger als erwartet verlaufen, sagte gegenüber Radio Vatikan der Seelsorger der internationalen katholischen Gemeinschaft in Kabul, Pater Giuseppe Moretti. Die größte Herausforderung für die neue Regierung sei jetzt, die hohe Frustration in der Bevölkerung abzubauen. Die Menschen seien angesichts des Stillstandes und der Korruption enttäuscht:

„Die Afghanen wissen von den großen Hilfsleistungen aus dem Ausland und fragen sich, wohin diese eigentlich verschwunden sind. Hinzu kommt, dass der größte Teil der Bevölkerung keinen Zugang zu fließendem Wasser oder Elektrizität hat. Die Löhne sind niedrig, es gibt viele Arbeitslose. Das alles bildet ein Substrat für eine große Unzufriedenheit. Die resultiert daraus, dass viel versprochen und zu wenig konkret umgesetzt wurde.“

Der UNO-Sicherheitsrat hat die Bürger in Afghanistan zu der Präsidenten- und Regionalwahl in ihrem Land beglückwünscht. Zugleich verurteilte der Sicherheitsrat die Versuche der aufständischen Taliban, die Abstimmung zu stören. Nach Angaben der Regierung in Kabul wurden am Wahltag am Donnerstag bei Anschlägen und Gefechten mehr als 50 Menschen getötet. Einen starken Rückhalt hätten die Islamisten in der Bevölkerung nicht, sagt Pater Moretti:

„Die Menschen in Afghanistan sind nicht nostalgisch. Sie sehnen sich nicht nach den Taliban. Natürlich werden hie und da Stimmen laut, die angesichts der hohen Kleinkriminalität, der steigenden Lebenshaltungskosten sagen, früher ging es uns besser, auch wenn die Regierung schlechter war. Aber solche Äußerungen entspringen keiner echten Überzeugung. Das ist eher eine instinktive Reaktion von Menschen, die sich nach Ruhe und Wohlstand sehnen.“

Nach ersten Hochrechnungen beanspruchen sowohl der amtierende Präsident Hamid Karsai als auch sein Herausforderer, Abdullah Abdullah, den Sieg für sich. Egal wer gewinne, Afghanistan brauche einen radikalen politischen Strategiewechsel, sagte im Kölner Domradio Conrad Schetter vom Bonner Zentrum für Entwicklungsforschung. Sonst seien die Perspektiven für das Land düster, meint Schetter:

„Wir haben eine Eskalation der Gewalt in den letzten drei Jahren. Wir sehen, dass der Wiederaufbau immer stärker ins Stocken gerät. Wir sehen eine große Frustration bei den Afghanen, die die internationale Gemeinschaft immer mehr ablehnt. Hier muss wirklich etwas passieren. Sonst erlebt die Gemeinschaft in Afghanistan ein zweites Vietnam.“

(rv/dr/dw/afp 21.08.2009 ad)







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