Italien: „Religionsunterricht keine Bekehrung, sondern kulturelles Basiswissen“
Der katholische Religionsunterricht
an den staatlichen italienischen Schulen soll in Zukunft nur eine geringe Rolle spielen.
Das regionale Verwaltungsgericht Latium hatte im Juli entschieden, dass das Fach Religion
in der Gesamtbewertung der Schulleistungen kein Gewicht mehr haben solle und die Religionslehrer
von den Zeugniskonferenzen ausgeschlossen werden sollten. Eine solche Abwertung des
Religionsunterrichtes diskriminiere 6 Millionen angehende Religionslehrer und bereits
tätige Dozenten, schreibt die Vatikan-Zeitung „Osservatore Romano“. Auch der Präsident
der rechtlichen Vereinigung italienischer Katholiken „Unione Giuristi Cattolici Italiani“
Francesco D’Agostini, ist dieser Ansicht. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte er:
„Was
bedeutet diese Entscheidung? Sie wertet die Religionslehrer zu Dozenten zweiter Klasse
ab und stellt den Religionsunterricht als didaktisch sinnloses Fach dar. Und dann
sollen die Leistungen der Schüler - seien sie nun mehr oder weniger gut - auch noch
völlig ignoriert werden. Eher noch als eine rechtliche halte ich das für eine kulturelle
Absurdität.“
Der Streit um den Religionsunterricht zeige ein grundsätzliches
und „weltliches“ Unverständnis gegenüber der Tatsache, dass das „Wissens um Religion“
kulturelles Basiswissen sei. D’Agostini:
„Die gesamte italienische Kultur
müsste diese Entscheidung im Grunde als Angriff verstehen. Der Religionsunterricht
an den staatlichen Schulen hat überhaupt nichts mit Konfession oder Bekehrung zu tun.
Er lässt uns verstehen, dass man die religiöse Tradition der Geschichte und Kultur
eines Volkes nicht einfach abschneiden kann. Das Gericht hat - so meine Befürchtung
- eines nicht verstanden: Wenn ein junger Mensch erwachsen wird, ohne die christliche
Tradition zu verstehen, bleibt seine kulturelle Identität unglaublich arm. Ihm wird
auch als Bürger immer eine entscheidende Dimension seiner Ausbildung fehlen.“
In
Italien ist nach der Entscheidung eine Debatte um die gesellschaftliche Bedeutung
des Religionsunterrichtes an Schulen und Universitäten entbrannt. Die italienische
Bildungsministerin Mariastella Gelmini kritisiert die Abwertung des Religionsunterrichtes
und will vor dem Staatsrat Beschwerde einlegen.