Die Gewalt im Norden
von Nigeria hat in den letzten fünf Tagen mehr als 600 Menschenleben gefordert. Nun
melden die Sicherheitskräfte, sie hätten Mohammed Yusuf getötet – also den Leiter
der islamistischen „Taliban“-Gruppe, die die Gewalt ausgelöst hatte. Die Armee sieht
das als wichtigen Erfolg ihrer Offensive; in weniger als 24 Stunden soll sie allein
in der Stadt Maiduguri 300 Islamisten getötet haben.
„Eine Armee ist dazu
da, um die Bevölkerung zu schützen – vor allem die bedrohte Bevölkerung. Und deshalb
muss jetzt auch dort eingegriffen werden.“ Das sagt der deutsche Erzbischof Ludwig
Schick. Er ist für weltkirchliche Belange zuständig und wird Ende August nach Nigeria
reisen, zusammen mit Erzbischof Robert Zollitsch, der die Deutsche Bischofskonferenz
leitet. „Wir sprechen auch mit den politischen Verantwortlichen und sagen ihnen,
dass sie jetzt mit den entsprechenden Maßnahmen Frieden stiften und die Christen schützen
müssen.“
Im Gespräch mit dem Kölner Domradio weist Erzbischof Schick darauf
hin, dass es nicht ganz leicht sei, die Hintergründe der Gewaltorgie in Nigeria zu
durchschauen. „Es gibt politische Gruppen, die um ihren Machtbereich ringen und
ihn ausweiten wollen; die die islamische Scharia einführen wollen. Aber warum kommen
Menschen zu diesen Gruppen, warum finden sie Anhänger unter der Bevölkerung? Das liegt
wohl an Armut und Unwissenheit; und daher hängen die Probleme zusammen.“
Auch
wenn die Militäroffensive also in den nächsten Stunden oder Tagen abgeschlossen werden
sollte, wären damit aus der Sicht des deutschen Erzbischofs die Probleme in Nord-Nigeria
alles andere als gelöst: „Für die direkte Befriedung ist Militär nötig – aber die
Probleme, die dahinterliegen, müssen dann auch angegangen werden: Die Armut und Ungerechtigkeit
im Land, die Unwissenheit auch, was die Religionen betrifft. Ich denke da an den
Islam, an das Christentum, und es gibt ja auch noch animistische Religionen in Nigeria.“
Nach
Augenzeugenberichten haben Tausende von Flüchtligen vor den anhaltenden Kämpfen zwischen
Sicherheitskräften und fanatischen Muslimen Zuflucht in Militärbaracken am Rande der
Stadt Maiduguri gesucht. Die meisten von ihnen sind Christen, aber auch viele Muslime
befinden sich unter den Flüchtlingen, berichtet das deutsche katholische Hilfswerk
Missio. Es gebe nicht genug Lebensmittel, Unterkünfte, Trinkwasser und Medikamente
für die Menschen.
Bereits im Februar 2006 hatten muslimische Fanatiker Kirchen
und Häuser von Christen in Maiduguri in Brand gesteckt. Zahlreiche Menschen starben.
Anlass der Gewalt gegen Christen waren damals die Mohammed-Karikaturen, die Monate
zuvor in einer dänischen Zeitung veröffentlicht worden waren. Die katholische Ortskirche
hatte daraufhin ihre Bemühungen um den friedlichen Dialog mit den Muslimen verstärkt.