2009-07-28 13:50:32

Vatikan: Papst betet für Flüchtlinge und verfolgte Christen


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. hat zum Gebet für Flüchtlinge und verfolgte Christen aufgerufen. In „nicht wenigen Ländern“ würden Christen diskriminiert, ihre Menschenrechte auf Gleichheit und Religionsfreiheit müssten anerkannt werden und „sie ihren Glauben frei leben und bekennen können“, heißt es in der so genannten „Gebetsmeinung des Heiligen Vaters“ für den Monat August. Der Vatikan veröffentlichte den Text an diesem Montag.

Beispiel 1: Christenverfolgung in Indien - „Ursachen nicht gelöst“
Ein Land, in dem Christen in den vergangenen Monaten massiver Verfolgung ausgesetzt waren, ist Indien. Anlässlich des Jahrestages der Gewalt gegen Christen in Kandhamal hatten Vertreter christlicher Kirchen im indischen Bundesstaat Orissa jüngst zum Schutz verfolgter Christen und zu einem nationalen „Tag von Frieden und Harmonie“ aufgerufen. Nach der Ermordung eines radikalen Hindu-Führers im August 2008 waren tausende Christen Opfer von Übergriffen durch radikale Hindus geworden. Die Ursachen des Konfliktes seien bis heute nicht behoben, meint Anna Dirksmeier, Indien-Referentin beim katholischen Hilfswerk Misereor, im Gespräch mit Radio Vatikan.

Dirksmeier:
„Ein Jahr nach der letzten großen Christenverfolgung sind sehr viel Flüchtlinge nun zurückgekehrt. Zuerst waren sie in Lagern untergebracht. Diese werden aber inzwischen auch aufgelöst, weil die Regierung diese nicht mehr unterhalten kann oder möchte - vor allem, weil sehr viel Polizeischutz notwendig ist, um die Lager vor weiteren Übergriffen zu schützen. Das zeigt, dass die Ursachen des Konfliktes überhaupt nicht behoben sind. Denn es ist nicht nur ein einmaliger punktueller Konflikt, sondern die Verfolgung von christlichen Minderheiten hat auch wirtschaftliche und soziale Ursachen, die nicht beseitigt sind.“

Christen haben in Orissa in den letzten Jahren, unter anderem auch durch kirchliche Hilfsprojekte, Auftrieb erhalten. Das habe zu Spannungen und Vorurteilen geführt, so Dirksmeier, und radikalen Hindus den Weg bereitet. Religiöse Zugehörigkeit werde von den fundamentalistischen Hetzern oft als Vorwand benutzt, um den erstarkenden Minderheiten zu schaden – und nicht nur den Christen. Dirksmeier:

„Es geht den Hindu-Fundamentalisten nicht nur um die Christen, in anderen Bundesstaaten sind sie zum Beispiel auch gegen Muslime vorgegangen, es geht ihnen um die Errichtung eines hindufundamentalistischen Staates.“

In der größten Demokratie der Welt Indien wolle die „schweigende Mehrheit“ der Hindus jedoch ein friedliches Zusammenleben, so Dirksmeier. Wesentlich für die Christen im Land seien nicht nur internationale Solidarität und spirituelle Unterstützung, sondern auch Verbündete vor Ort. Dirksmeier:

„Die Solidarität erreicht die Betroffenen immer. Es ist für sie ein ganz wichtiges Moment zu erfahren, dass es internationale Solidarität gibt, dass sie nicht völlig alleingelassen sind in diesem Konflikt. Diese Gewalt ist ja zum Teil von außen hinein getragen worden, wobei die Religion instrumentalisiert wurde. Die langfristige Aufgabe ist, dass sich diese Minderheiten organisieren und dass sie auch Verbündete unter den Hindus suchen, die eben nicht fundamentalistisch sind. Die Mehrheit der Hindus bekennt sich ja zur Demokratie und zum Rechtsstaat und verurteilt gewalttätige Exzesse in den eigenen Reihen. Da ist es sehr wichtig, dass man über die eigenen Religionsgrenzen hinwegschaut und sich Verbündete sucht. Diese schweigende Mehrheit gibt es, man muss jetzt sehr aktiv aufeinander zugehen und den Kontakt suchen. Und da sind Ermutigung und Gebet sehr wichtig für die Bevölkerung, damit sie sich nicht allein fühlt.“

Erst nach der exzessiven Christenverfolgung von 2008 und auf Drängen der internationalen Gemeinschaft hin habe die indische Regierung damit begonnen, Maßnahmen zum Schutz verfolgter Christen zu treffen, so Dirksmeier. Mit knapp zwei Prozent gegenüber gut 80 Prozent Hindus bilden die Christen in Indien eine absolute Minderheit. Die Christen in Orissa sind oftmals kastenlose Tagelöhner, die dort als niederste gesellschaftliche Gruppe angesehen werden.

Beispiel 2: Bootsflüchtlinge im Mittelmeer - „zu viele Menschen“
„Das Problem der Millionen Heimatlosen und Flüchtlinge“ müsse von der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen werden und für ihre „oft tragische Situation“ müssten „konkrete Lösungen“ gefunden werden - so lautet die Forderung des Papstes in der Gebetsmeinung für den Monat August.

„Tragisch“, wohl besser „unerträglich“ ist nicht nur die aktuelle Situation vieler Flüchtlinge in Orissa und dem Kongo, sondern direkt vor der europäischen Haustür: Fast täglich stranden an den Mittelmeerinseln afrikanische Flüchtlinge - sofern sie das vermeintlich gelobte Land überhaupt erreichen.

Gabriele Santi, Mitglied der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ und Koordinator eines Hilfsprojektes für Flüchtlinge auf Malta, berichtet von den menschenunwürdigen Zuständen, unter denen die Menschen in den Auffanglagern der Insel zu leiden haben. Santi:

 
„In den Zentren dort sind einfach zu viele Menschen untergebracht. Die hygienischen Verhältnisse sind sehr schlecht. Nach der Untersuchung kann man ihnen keine Medizin geben. Dann gibt es noch nicht einmal Platz für die Isolation, wenn es sich um Infektionskrankheiten handelt: Schwangere, Erwachsene und Kinder müssen alle zusammen ausharren.“

 
Nach dem neuen italienischen Ausländerrecht können Migranten nun sechs Monate in solchen Auffanglagern festgehalten werden – vier Monate länger als bisher. Einige Flüchtlinge kommen aber erst gar nicht soweit, obwohl sie politisches Asyl bitter nötig hätten. Santi:

 
„Was die nach Libyen abgeschoben Boote betrifft: Libyen erkennt die Genfer Konvention nicht an, es wird also grundsätzlich kein Flüchtlingsstatus anerkannt. Viele der von Libyen aus gestarteten Flüchtlinge kommen aber direkt aus dem Krieg, zum Beispiel die Menschen aus Somalia, die gerade jetzt humanitären Schutz brauchen. Und viele andere, zum Beispiel Flüchtlinge aus Eritrea oder anderswo, riskieren ihr Leben, um in andere Länder zu gelangen.“

 
Italien hatte zuletzt Bootsflüchtlinge im Mittelmeer nach Libyen zurück geschickt. Die italienischen Bischöfe hatten die Verschärfung des italienischen Ausländerrechts als mangelhaft kritisiert, da das Thema der Integration komplett übergangen werde. Nach dem neuen „Sicherheitspaket“ ist illegaler Aufenthalt in Italien ein Straftatbestand, der mit bis zu 10.000 Euro geahndet wird. Die Gewährung und Erneuerung von Aufenthaltsgenehmigungen erfolgt nur gegen eine Gebühr von bis zu 200 Euro. Berlusconis Regierung wird für die harte Haltung auch von der UNO und verschiedenen Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.

(rv 28.07.2009 pr)








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