Die katholische Kirche befürchtet durch die jüngste Welle islamistischer Gewalt eine
„Talibanisierung“ Nigerias. Mit den Angriffen radikaler Islamisten auf Sicherheitskräfte
im Norden des Landes habe die Gewalt eine neue Dimension erreicht, sagte der Leiter
des „Katholischen Instituts für Entwicklung, Gerechtigkeit, Frieden und Caritas“,
Prälat Obiora Ike, dem katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“. Bisher seien die Islamisten
fast ausschließlich gegen Christen vorgegangen. Nun hätten sich neue radikale Gruppen
gebildet. Sie attackierten „alles Westliche“ und auch andere Muslime. Nach Einschätzung
Ikes handele es sich bei den neuen Islamisten nicht um Splittergruppen, sondern um
eine große Bewegung, die sich rasch im ganzen Land ausbreite. Federführend sei dabei
eine islamistische Sekte namens Boko Haram („Erziehung ist Sünde“). Sie halte Schulen
und Universitäten für „westlich dekadent“ und ginge daher auch gegen muslimische Bildungseinrichtungen
vor. Die Gewaltakte dieser Gruppen richteten sich nun auch gegen die Regierungen in
jenen Bundesstaaten, die bereits die Scharia eingeführt hätten, fürchtet Obiora Ike.
Fehlende Bildung und Armut sind nach Ansicht des Priesters die Hauptursache der aktuellen
Gewalt. - Berichten zufolgen haben die Islamisten in den vergangenen Tagen in mehreren
nordöstlichen Bundesstaaten insgesamt 210 Menschen ermordet. Der nigerianische Präsident
Umaru Yar’Adua rief die nationalen Sicherheitskräfte auf, ihre Präsenz in den nördlichen
Staaten zu verstärken.