2009-07-24 14:26:22

Honduras: Putschisten verletzen Menschenrechte


RealAudioMP3 Nach dem Staatsstreich in Honduras ist es zu gravierenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen gekommen. Dies geht aus dem Bericht einer internationalen Menschenrechtsdelegation hervor, der am Donnerstag in der Hauptstadt Tegucigalpa vorgestellt wurde.

„Die von der Putschregierung erlassene Ausgangssperre und Aufhebung von Grundrechten hat zu massiven und widerrechtlichen Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung geführt“, kritisiert Martin Wolpold-Bosien – er hat für die Organisation FIAN International an der Mission in dem zentralamerikanischen Land teilgenommen.

„Die Lage ist sehr angespannt und wird noch angespannter. Drohungen gegen Journalisten sind eine Sache, die Verhaftungen von Menschen in Demonstrationen, das Aufhalten von Bussen ist gang und gäbe und geschieht täglich. Ich war gestern einen halben Tag lang damit beschäftigt, bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder bei den Botschaften, die sich für engagieren für Menschen, die aufgehalten wurden, zu intervenieren, damit es zumindest zu keiner Gewalt kommt.“ 
Nach Angaben des Generaldirektors der nationalen Polizei wurden bisher 1.275 Menschen wegen Verstoß gegen die nächtliche Ausgangssperre verhaftet. Wolpold-Bosien hält diese offizielle Zahl für untertrieben; sie dürfte steigen, je mehr die Situation im Land sich zuspitze. Die Menschenrechtsdelegation bestätigt, dass mindestens fünf Menschen bisher im Zusammenhang mit dem Staatsstreich getötet wurden, auffallend häufig seien Festnahmen von Ausländern.
Die Mission beanstandet zudem die gravierende Beschneidung der Pressefreiheit. Mehrere Sender wurden vom Militär besetzt. Wolpold-Bosien von FIAN:
 
„Die Journalisten vor Ort haben ganz klare Anweisungen der Militärs, kein Wort zum Thema Staatstreich zu sagen. Das Wort ,Staatsstreich’ ist verboten, wer es verwendet, wird abgeschaltet. Auch der altkatholische Sender im Norden ist abgeschaltet worden und wird immer wieder bedroht. Der weitaus größere Sender der Jesuiten ist unmittelbar nach dem Staatstreich abgeschaltet worden. Die Jesuiten durften dann wieder senden, doch immer wenn sie den Putschisten zu weit gehen, wird gekappt.“ 
Entsetzt berichtet der Mittelamerikaexperte von der Pressekonferenz der Menschenrechtsdelegation:

„So eine Pressekonferenz habe ich noch nie erlebt. Die den Putschisten nahe stehende Presse hat versucht, nicht nur uns, die internationale Menschenrechtsdelegation zu provozieren, sondern regelrecht Tumulte auszulösen. Sie kamen auf den Tisch zu, als wenn sie uns bedrohen wollten, haben Journalisten, die aus kritischer Sicht fragten, ständig unterbrochen und haben versucht, sie niederzuschreien.“ 
Die 15 Experten aus elf verschiedenen Ländern wollten nicht politisch Position beziehen, sondern auf die Menschenrechtslage hinzuweisen, betont Wolpold-Bosien. Die internationale Gemeinschaft solle jegliche Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen in Honduras beenden, solange die Menschenrechtsverletzungen andauern, fordert er im Namen der Delegation. Noch wirke sich die politische Situation in Honduras nicht drastisch auf die Versorgung der Bevölkerung aus, so der FIAN-Experte, dessen Organisation sich vor allem für das Recht auf Nahrung einsetzt.

„Allerdings haben wir auch klar gesagt und auch mit den honduranischen Menschenrechtsorganisationen abgestimmt: Wir fordern - wie bisher von der EU und den USA geschehen, dass die direkte finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Putschregierung eingestellt wird, aber nicht die humanitäre Hilfe, nicht die Unterstützung der einzelnen Gemeinden und nicht die Unterstützung über die Nichtregierungsorganisationen. Das würde die Bevölkerung unmittelbar treffen. Das Aussetzen der Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen hat derzeit nur Auswirkungen für den Haushalt 2010.“ 
Der gestürzte Präsident Manuel Zelaya versucht indes erneut, von Nicaragua aus nach Honduras zurückzukehren und die Macht von der international nicht anerkannten Übergangsregierung zurückzufordern. Er werde versuchen, am Samstag in Honduras einzureisen, sagte Zelaya. Die Übergangsregierung hat mit seiner Verhaftung gedroht, falls er in das Land zurückkehrt. Um Demonstrationen seiner Anhänger zu verhindern, verhängte sie eine nächtliche Ausgangssperre im Grenzgebiet. Wolpold-Bosien nach seinem Besuch in Honduras:

„Es ist überhaupt nicht abzusehen, wie das gut gehen soll. Zelaya vertraut offenbar auf folgendes Szenario: In einer großen Menschenmasse, die friedlich die Grenze übertritt, wird er in das Land kommen, und das Militär wird zurückweichen angesichts dieser Menschenmasse, die gewaltlos vorangeht. So muss man es sich laut Quellen aus seinem engen Umfeld ausmalen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gut geht.“ 
Die Kirche Zentralamerikas drängt die politischen Konfliktparteien zum Dialog. Die honduranische Bischofskonferenz hatte den Staatsstreich in Honduras vom 28. Juni als verfassungskonform bewertet, allerdings die Umstände der erzwungenen Ausreise Zelayas mit Hilfe des Militärs deutlich kritisiert. Die Kirche werde für keine politische Seite Partei ergreifen, so der Präsident der Bischofskonferenz, Kardinal Óscar Rodríguez Maradiaga, gegenüber Radio Vatikan.
(rv/pm 24.07.2009 bp)







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