An diesem Dienstag
jährt sich die Festnahme des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Radovan Karadžić. Über
ein Jahrzehnt war es ihm gelungen, seine wahre Identität geheim zu halten. Inzwischen
steht er vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, doch die juristische Aufarbeitung
der serbischen Kriegsverbrechen ist schwieriger denn je. Immer noch gebe es in Bosnien
und Serbien viele Anhänger Karadžićs. Das sagt gegenüber Radio Vatikan der italienische
Autor und Journalist Alessandro Marzomagno. Er ist Fachmann für den Balkan.
„Radovan
Karadžić war Präsident der autonomen serbischen Republik in Bosnien-Herzegowina. Zusammen
mit dem Militärgeneral Ratko Mladić bildeten sie ein gefährliches und brutales Duo.
Während Mladic für alle Militärverbrechen verantwortlich ist, fallen
alle politischen Beschlüsse in Karadžićs Verantwortungsbereich. Sie träumten
von einem Land, in der es keine Muslime geben durfte. Sie waren also zweifellos von
religiösem Hass gekennzeichnet. Sie glaubten an einen utopischen serbisch-bosnischen
Staat.“ Um diese Utopie zu verwirklichen, scheute sich Karadžić
nicht, Frauen und Kinder zu vertreiben. Der größte Teil der männlichen Bevölkerung
wurde in der Ortschaft Srebrenica ermordet.
„Srebrenica
war ohne Zweifel das schlimmste Massaker in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Dort
wurden etwa 7.000 Menschen umgebracht. Erst nach dieser Katastrophe schritt die internationale
Staatengemeinschaft in den Konflikt ein. Karadžić war damals aber eine Marionette
des Regimes in Belgrad. Mladic hatte beispielsweise einen normalen Lohn von
der serbischen Armee. Die heutige Präsenz der UNO-Blauhelme und weiteren internationalen
Institutionen im Balkan hat die ethnischen Auseinandersetzungen vorläufig aufgehoben.
Ob es der internationalen Gemeinschaft gelingen wird, mit Soldaten und Schauprozessen
wieder Ruhe und Frieden im ganzen Balkan zu schaffen, ist eine andere schwierige Frage.“