Die italienische Regierung
soll sich bei den Vereinten Nationen für ein Moratorium zur Abtreibung einsetzen.
Das beschloss in der vergangenen Woche die italienische Abgeordnetenkammer. Im Blick
ist vor allem das weltweite Aussetzen so genannter Zwangsabtreibungen. Als Vorbild
diene der Einsatz Italiens für ein weltweites Moratorium zur Todesstrafe, sagte im
Gespräch mit Radio Vatikan der konservative Politiker Rocco Buttiglione. Der Präsident
der UDC (Christdemokratische Union) ist Mitbegründer der Initiative. Deren Ziele erläuterte
er im Wocheninterview mit Mario Galgano.
Buttiglione: „Wir in den reichen
Ländern des Westens, in Deutschland, in Italien, in den Vereinigten Staaten, Frankreich
und anderen streiten uns immer noch über das Thema Pro Choice – das heißt, dass die
Wahlfreiheit der Frau, ein Kind nicht zu bekommen, an erster Stelle steht, oder Pro
Life – das heißt dass der Kampf, das Leben der Kinder zu retten, vorgeht. Und natürlich
werden wir uns auch weiterhin darüber streiten. Ich habe eine ganz klare Pro-Life-Stellung.
Aber in der Zwischenzeit ist in der ganzen Welt eine andere Bewegung aufgekommen,
die sich gegen die Wahl der Frau und gegen das Leben des Kindes richtet. ist die so
genannte kompulsive, also erzwungene, Abtreibung. In vielen Ländern dürfen Frauen
kein zweites Kind bekommen. Die Abtreibung des zweiten Kindes ist quasi Staatsgesetz
und Frauen sind gezwungen, abzutreiben. Ist es möglich, dass wir alle, also jene die
Pro Life sind und jene, die Pro Choice sind, jene, die für oder gegen unsere westlichen
Gesetze zur Abtreibung sind, uns wenigstens darauf einigen, die Freiheit der Frau
und das Leben des Kindes zugleich zu schützen? Denn für die eine Hälfte der Menschheit
zählt nicht der Kampf oder die Wahl zwischen Pro Life oder Pro Choice. Dort ist vielmehr
der Kampf gegen die gewaltsame Anwendung der Staatsmacht gegen Frau und Kind zugleich
das Thema. Wir haben uns deshalb an die Vereinten Nationen gewandt und fordern dazu
auf, dass eine Resolution zur Abtreibung verabschiedet wird.“
Gibt es dafür
auch außerhalb von Europa Interesse? Können Sie auf Zusammenarbeit bauen?
„Ganz
allein können wir Italiener nur wenig ausrichten. Um diesen Resolutionsvorschlag bei
den Vereinten Nationen einzureichen, brauchen wir die Zustimmung von vielen anderen
Staaten. Ich bin gerade in Polen, um mit politischen Verantwortlichen zu sprechen,
damit im polnischen Parlament eine ähnliche Resolution vorgeschlagen wird. Und natürlich
wäre es enorm wichtig, dass auch in Deutschland dasselbe gemacht wird. Ich habe vor,
in den nächsten Tagen, Kontakt zu deutschen Abgeordneten aufzunehmen. Aber es ist
auch wichtig, dass wir unser Vorhaben im europäischen Parlament durchbringen. Wenn
das europäische Parlament, also die Vereinigung von 27 Ländern, eine solche Resolution
verabschiedet, dann wird es für die Regierungen dieser Länder schwierig, sie abzulehnen.
Sie haben zwar keine Verpflichtung im strengen Sinne des Wortes, aber zumindest sind
sie in diesem Kampf engagiert. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, dass das Problem
auch in Lateinamerika, in Afrika und Asien diskutiert wird. Das sind die Länder, in
denen die Frauen am meisten unter dem Druck der Zwangsabtreibung zu leiden haben.
Für unser Anliegen ist es auch wichtig, dass wir die Vereinigten Staaten für eine
solche Resolution gewinnen. Ich habe diesbezüglich schon Kontakt mit Mary Ann Glendon,
der ehemaligen US-Botschafterin beim Heiligen Stuhl aufgenommen. Obama hat dem Papst
gesagt, er wolle die Zahl der Abtreibungen verringern. Diese Initiative könnte gerade
das sein, was Obama dem Papst versprochen hat.“
Der Papst hat kürzlich
die Hoffnung geäußert, dass mit der UNO-Resolution für ein weltweites Moratorium gegen
die Todesstrafe eine öffentliche Debatte über die Heiligkeit des Lebens gefördert
wird. Welcher Rolle hat Ihrer Ansicht nach der Heiligen Stuhl bei der Durchsetzung
des Moratoriums?
„Ich hoffe nicht, dass Sie denken, dass ich die Leistung
der Politik nicht respektiere, wenn ich sage, dass der wesentliche Anstoß zu dieser
Initiative gerade von Benedikt XVI. kam. Wir haben deshalb überlegt, was wir politisch
zur Diskussion um die Heiligkeit des menschlichen Lebens beitragen können, um an dieser
großen Initiative des Papstes mitzuwirken. Und das Moratorium war unsere konkrete
Antwort. Ich hoffe, dass das auch in unseren Ländern den Anstoß zu einer neuen Debatte.“