Die Gespräche zwischen
Vatikan und Piusbruderschaft sind nun „im richtigen Fahrwasser“. So kommentiert der
Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller die „Übersiedlung“ der Kommission „Ecclesia
Dei“ an die Glaubenskongregation. Müller gehört als Dogmatiker selbst der Glaubenskongregation
an. In seinem Bistum liegt der Sitz des deutschen Distrikts der „Priesterbruderschaft
St. Pius X.“ Diese hat sich bisher noch nicht öffentlich zur Neuordnung der Gespräche
durch Papst Benedikt XVI. geäußert.
Müller erwartet, dass die Gespräche des
Vatikans mit den traditionalistischen Piusbrüdern rasch abgeschlossen werden. „Die
Sachlage ist klar, deshalb sollte das dieses Jahr über die Bühne gehen, damit endlich
das Ärgernis der Abspaltung aus der Welt geschafft wird“, sagte Müller der Katholischen
Nachrichten-Agentur am Mittwoch in Regensburg.
Keine Bischöfe von vatikanischer
Seite Von vatikanischer Seite aus nähmen an den Gesprächen keine Bischöfe
teil. Es müsse der Eindruck vermieden werden, dass die kirchenleitenden Organe beider
Seiten zusammenkämen. Schließlich handle es sich nicht um einen ökumenischen Dialog,
unterstrich der Ökumene-Verantwortliche der deutschen Bischöfe. Die Piusbruderschaft
sei keine Kirche. „Sie muss sich vor dem Lehramt rechtfertigen, nicht umgekehrt.“
Es gehe auch nicht darum, Teile des Zweiten Vatikanischen Konzils zurückzunehmen oder
neu zu interpretieren, um irgendwelche Kompromissformeln zu finden. Es handle sich
eher „um theologischen Nachhilfeunterricht“, so Müller wörtlich.
Der Bischof
sagte, er habe in den Schriften der Lefebvrianer „nichts gefunden, was die Kirche
aus den Angeln heben würde“. Deren Ablehnung des Konzils und seiner zentralen Aussagen
zu Ökumene und Religionsfreiheit beruhe auf Verwechslungen, Missverständnissen und
Dialogverweigerung. Die Traditionalisten hätten sich „im neuscholastischen Denken
der 1950er Jahre eingebunkert“. Sie müssten nun Anschluss an die aktuelle Theologie
finden. Hielten sie an ihren irrigen Auffassungen fest, gäbe es keinen Platz für sie
in der katholischen Kirche, so Müller.
Neuer Rahmen Benedikt
XVI. hat am Mittwoch den Verhandlungen zwischen Heiligem Stuhl und Piusbruderschaft
einen neuen Rahmen gegeben. In einem persönlichen Erlass („Motu proprio“) ernannte
er Kardinal William Levada zum neuen Leiter der Dialog-Kommission „Ecclesia Dei“;
gleichzeitig band er diese Kommission an die Glaubenskongregation, die Levada leitet.
„Ecclesia Dei“ ist am Vatikan für die Aussöhnung mit traditionalistischen Gruppen
zuständig. Bisher war die Kommission direkt dem Papst unterstellt. Der bisherige Präsident
von „Ecclesia Dei“, Kardinal Dario Castrillon Hoyos (80), scheidet aus dem Amt, ebenso
wie sein Vize Camille Perl (70). Der luxemburgische Geistliche hatte der Kommission
seit ihrer Gründung 1988 angehört. Neuer Sekretär von „Ecclesia Dei“ ist Guido Pozzo.
Der aus Triest stammende Priester, der von der Internationalen Theologischen Kommission
des Heiligen Stuhles kommt, gilt als prononcierter Verteidiger und Interpret des Zweiten
Vatikanischen Konzils.
Die neue Struktur soll nicht nur personell einen Neuanfang
signalisieren, sondern auch die Aufgabenstellung klären. Denn in erster Linie geht
es im Kontakt mit der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ um Glaubensfragen: Um das
Lehramt der Kirche, um die Lehre des Konzils und der Päpste, insbesondere um die strittigen
Fragen von Ökumene, Religionsfreiheit und interreligiösem Dialog. Diese Themen will
der Papst künftig dort behandelt wissen, wo seine zuständigen Experten sitzen: in
der Glaubenskongregation.
Alle Fragen, die sich in den jetzt aufzunehmenden
Gesprächen mit dem Chef der Piusbrüder, Bernard Fellay, ergeben, können Levada und
Pozzo unmittelbar in die Mittwochssitzung der Glaubenskongregation hineingeben. Levada,
der als einer der wenigen Vatikanminister jede Woche einen fixen Termin beim Papst
hat, kann mit diesem auf kurzem Weg das Thema weiter behandeln. Immerhin hatte Kurienkardinal
Joseph Ratzinger 1988 im direkten Gespräch mit dem Gründer der Piusbruderschaft, Erzbischof
Marcel Lefebvre (1905-91), den Bruch zu vermeiden versucht - vergeblich. Wie sehr
er als Papst diese Wunde heilen möchte, hat er mehrfach durch Gesten und Entgegenkommen
gezeigt, etwa durch die breitere Wiederzulassung des alten Tridentinischen Messritus.