2009-07-07 12:16:33

Enzyklika „Die Liebe in der Wahrheit" – Zusammenfassung


RealAudioMP3 „Die Liebe in der Wahrheit, die Jesus Christus mit seinem irdischen Leben und vor allem mit seinem Tod und seiner Auferstehung bezeugt hat, ist der hauptsächliche Antrieb für die wirkliche Entwicklung eines jeden Menschen und der gesamten Menschheit.“ So beginnt die neue Enzyklika von Papst Benedikt. Das Rundschreiben ist an die katholische Welt und an alle Menschen guten Willens gerichtet.
Hier die Zusammenfassung (in Klammern sind die entsprechenden Absätze):

In der Einleitung erinnert der Papst daran, dass die Liebe die wahre Lehrmeisterin der Soziallehre der Kirche ist. Auch schreibt Benedikt, dass die Liebe und die Wahrheit zusammen gehören. Dazu warnt er: „Ein Christentum der Liebe ohne Wahrheit kann leicht mit einem Vorrat an guten, für das gesellschaftliche Leben nützlichen, aber nebensächlichen Gefühlen verwechselt werden“. (1-4) Die Entwicklung des menschlichen Zusammenlebens braucht die Wahrheit. Ohne sie – so der Papst – wird das soziale Handeln ein Spiel privater Interessen und Machtansprüche, mit zerstörerischen Folgen für die Gesellschaft. (5) Benedikt stützt sich auf zwei Orientierungsmaßstäbe für das moralische Handeln. Diese Maßstäbe sind die Gerechtigkeit und das Gemeinwohl. Jeder Christ ist zur Liebe berufen. Das kann durchaus auch durch einen institutionellen Weg geschehen. Diese Liebe hat nämlich Einfluss auf das Leben der polis, des sozialen Lebens. (6-7). Die Kirche betont aber, dass sie keine technischen Lösungen anbietet. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, die „Sendung der Wahrheit zu erfüllen". Das heißt, die Kirche setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der die Menschen als Maß gelten und in der ihre Würde und ihre Berufung respektiert werden. (8-9)

Das erste Kapitel ist der Botschaft der Enzyklika „Populorum progressio“ von Papst Paul VI. gewidmet. „Ohne die Aussicht auf ein ewiges Leben fehlt dem menschlichen Fortschritt in dieser Welt der große Atem.“ Ohne Gott wird die Entwicklung geleugnet, „entmenschlicht“. (10-12) Paul VI. – so liest man – betonte „die unabdingbare Rolle des Evangeliums für den Aufbau der Gesellschaft im Sinne von Freiheit und Gerechtigkeit“ (13). In der Enzyklika „Humanae vitae“ zeigt Papst Montini die „starken Verbindungen auf, die zwischen der Ethik des Lebens und der Sozialethik“ bestehen. Auch heute betont die Kirche die Kraft dieser Verbindung. (14-15) Papst Benedikt erklärt den Begriff der Berufung in „Populorum progressio“. Entwicklung ist Berufung, denn sie geht aus einem „transzendenten Ruf“ hervor. Er unterstreicht: die Entwicklung ist nur dann wirklich umfassend, wenn sie sich ausrichtet auf die Förderung jedes Menschen und aller Menschen. Der christliche Glaube – so fügt er an – „kümmert sich um die Entwicklung, ohne sich auf Privilegien oder auf Machtpositionen“ zu verlassen. „Der Glaube setzt vielmehr einzig auf Christus“ (16-18). Der Papst zeigt auf: Die Gründe der Unterentwicklung sind nicht primär materieller Art. Sie liegen vor allem am Denken, mehr noch am „Fehlen des brüderlichen Geistes unter den Menschen und unter den Völkern“. „Die zunehmend globalisierte Gesellschaft macht uns zu Nachbarn, aber nicht zu Geschwistern.“ Nötig ist also, dass man sich in Bewegung setzt, damit „die aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozesse zu wahrhaft menschlichen Ergebnissen führen“. (19-20)

Im zweiten Kapitel betritt der Papst das volle Leben der menschlichen Entwicklung unserer Zeit. Die ausschließliche Ausrichtung auf Profit riskiert, wenn „sein Endzweck nicht das Allgemeinwohl ist, Vermögen zu zerstören und Armut zu schaffen“. Benedikt zählt einige Verdrehungen der Entwicklung auf: Eine hauptsächlich spekulative Finanzaktivität, bloß ausgelöste und dann schlecht gemanagte Migrationsströme, sowie die ungeregelte Ausbeutung der Rohstoffe. Angesichts solcher untereinander verbundenen Probleme fordert der Papst eine „neue humanistische Synthese“. „Die Krise verpflichtet uns, unseren Weg neu zu planen“ (21). Dabei stellt er fest, dass die Entwicklung heute polyzentrisch ist.

Schaut man die Weltordnung an, so fällt auf: In absoluten Zahlen wächst der Welt-Reichtum, aber die Unterschiede mehren sich, es entsteht eine neue Armut. Korruption und ihre Verurteilung gibt es in reichen und armen Ländern; manchmal respektieren große transnationale Unternehmen die Rechte der Arbeiter nicht. Andererseits werden internationale Hilfen oft verantwortungslos durch Geber und Empfänger von ihren Zielen entfremdet. Der Papst klagt an: Reiche Länder praktizieren „übertriebene Formen des Wissensschutzes“, weil sie das Recht auf geistiges Eigentum allzu streng auslegen, „speziell im medizinischen Bereich.“ (22)

Nach dem Fall der Staatenblöcke hatte Papst Johannes Paul II. eine „globale Neuplanung der Entwicklung“ gefordert. Das sei aber nur teilweise gemacht worden. Heute haben wir es mit einem neuen internationalen Wirtschaftskontext zu tun, Kapital und der Produktionsmittel sind mobiler. Deshalb regt der Papst eine „neue Wertbestimmung der Rolle und der Macht der Staaten“ an. Und er prognostiziert für diesen Fall eine stärkere Teilnahme der Zivilgesellschaft an der nationalen und internationalen Politik.

Dann richtet Benedikt seine Aufmerksamkeit darauf, wie die Industrienationen die Produktion von Gütern in ärmere Länder verlagern. Die Suche nach größeren Wettbewerbsvorteilen auf dem Weltmarkt sei freilich teuer erkauft, nämlich mit einer „Reduzierung der Netze der sozialen Sicherheit“. Das bringe „die Rechte der Arbeiter, die fundamentalen Menschenrechte und die in den traditionellen Formen des Sozialstaates verwirklichte Solidarität in ernste Gefahr“. Und noch andere Risiken sieht Benedikt für die Bürger: Die Systeme der sozialen Sicherheit „können die Fähigkeit verlieren, ihre Aufgabe zu erfüllen“, und zwar sogar in den Industrienationen. Gleichzeitig schränkten die Regierungen „aus Gründen des wirtschaftlichen Nutzens“ oft die gewerkschaftlichen Freiheiten ein.

Der Papst erinnert daher die Regierenden, dass „das erste zu schützende und zu nutzende Kapital der Mensch ist, die Person in ihrer Ganzheit.“ (23-25) Auf kultureller Ebene – so fährt er fort – eröffnen die Möglichkeit der Interaktion neue Perspektiven für den Dialog, aber hier liegt eine doppelte Gefahr. Zunächst ein kultureller Eklektizismus, in dem die Kulturen „im wesentlichen gleichwertig und untereinander austauschbar betrachtet“ werden. Die entgegenstehende Gefahr ist die „kulturelle Verflachung“, die „Vereinheitlichung der Lebensstile“ (26).

So wendet er sich dem Skandal der Armut und des Hungers zu. Eine „langfristige Perspektive“ sei da gefragt, man müsse die strukturellen Ursachen beseitigen und die landwirtschaftliche Entwicklung der ärmsten Länder fördern. Benedikt wünscht sich eine Agrarreform in den Entwicklungsländern. Dabei befürwortet er nicht nur traditionelle Anbaumethoden, sondern auch „innovativen landwirtschaftliche Produktionstechniken“, vorausgesetzt, sie sind „zweckmäßig, umweltfreundlich und für die am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen zuträglich“ (27).

Papst Benedikt unterstreicht, dass der Respekt vor dem Leben auf keine Weise getrennt werden kann von der Entwicklung der Völker. Er macht darauf aufmerksam, dass in einigen Teilen der Welt Geburtenkontrollen praktiziert werden, die dahin führen, dass „die Abtreibung zur Verpflichtung wird“. Industrienationen würden ihre geburtenfeindliche Mentalität dann gleichsam exportieren, so „als stelle sie einen kulturellen Fortschritt dar“. Es bestehe auch der Verdacht, dass Entwicklungshilfe mitunter „an bestimmte Formen der Gesundheitspolitik geknüpft wird, die de facto die Auferlegung starker Geburtenkontrollen einschließen.“ Sorge erregen auch die „Gesetzgebungen, die Euthanasie vorsehen.“ Wenn eine Gesellschaft „den Weg der Lebensverweigerung oder -unterdrückung einschlägt, wird sie schließlich nicht mehr die nötigen Motivationen und Energien finden, um sich für das wahre Wohl des Menschen einzusetzen“, so seine Warnung (28).

Ein anderer Aspekt, der mit der Entwicklung zusammenhängt, ist das Recht auf religiöse Freiheit. Der Papst schreibt: Gewalt bremst echte Entwicklung. Das gilt besonders für „den Terrorismus auf fundamentalistischem Hintergrund“. Am anderen Ende des Spektrums: Atheismus. Der schade der Entwicklung der Völker, „indem er ihnen die geistlichen und humanen Ressourcen entzieht.“ (29) Benedikt fährt fort: der Entwicklung dient die Interaktion verschiedener Ebenen des Wissens, die von der Liebe harmonisiert werden. (30-31) Der Papst wünscht daher, dass die wirtschaftlichen Entscheidungen weiterhin den Zugang zur Arbeit für alle als Priorität verfolgen. Benedikt warnt vor einer Wirtschaft schneller und manchmal überschneller Ziele, die auf eine Senkung des Niveaus der Arbeiterrechte hinauslaufen, um dem Land „größere internationale Wettbewerbsfähigkeit“ zu verschaffen. Daher ermahnt er zu einer Korrektur des derzeitigen Entwicklungsmodells - auch die „ökologische Gesundheit des Planeten“ rufe danach. Und über die Globalisierung fügt der Papst an: „Ohne die Führung der Liebe in der Wahrheit“ kann dieser weltweite Impuls dazu beitragen, „die Gefahr bisher ungekannter Schäden und neuer Spaltungen in der Menschheitsfamilie heraufzubeschwören.“ Als Gegenmittel empfiehlt der Papst „ein neues und kreatives Engagement“. Es gehe darum, „die Vernunft auszuweiten und sie fähig zu machen, diese eindrucksvollen neuen Dynamiken zu erkennen und auszurichten, indem man sie im Sinn jener „Kultur der Liebe“ beseelt, deren Samen Gott in jedes Volk und in jede Kultur gelegt hat“. (32-33)


Brüderlichkeit, wirtschaftliche Entwicklung und zivile Gesellschaft ist das Thema des dritten Kapitels der Enzyklika. Es wird eröffnet von einem Lob auf die „staunenswerte Erfahrung des Geschenks“. Zwar sei im Leben eines jeden Menschen die Unentgeltlichkeit in vielerlei Formen gegenwärtig. Sie gerate aber oft aus dem Blickfeld inmitten einer Weltsicht, die nur auf Produktion und Nutzen achte. Eine Überzeugung von der Unabhängigkeit der Wirtschaft von moralischen Einflüssen – so der Papst – hat den Menschen dazu geführt, das wirtschaftliche Instrument sogar in destruktiver Weise zu missbrauchen. Entwicklung muss, wenn sie echt menschlich ist „der Logik des Geschenks“ Platz machen. (34) Das gilt insbesondere für den Markt. Ohne Formen innerer Solidarität und gegenseitigen Vertrauens, so seine Mahnung – „kann der Markt die ihm eigene wirtschaftliche Funktion nicht vollkommen erfüllen“. Er unterstreicht: Der Markt kann nicht nur auf sich selbst zählen, er muss seine moralischen Energien von anderen Subjekten beziehen. Er darf die Armen nicht als „Last, sondern als Ressource“ sehen. Der Markt darf kein Ort der Überwältigung des Armen durch den Reichen werden. Er fügt an: Die Marktlogik muss „das Ziel haben, das Gemeinwohl zu verfolgen, für das auch und vor allem die politische Gemeinschaft zuständig ist.“

Der Papst präzisiert: Der Markt ist von Natur aus nichts Negatives. Verantwortlich also ist der Mensch, sein moralisches Gewissen und seine Verantwortung. „Wie müssen in unserem Denken und Handeln zeigen“, so Benedikt, dass die traditionellen sozialethischen Prinzipien - Transparenz, Ehrlichkeit, Verantwortung – „nicht vernachlässigt oder geschwächt werden dürfen.“ Benedikt erinnert daran, dass die Wirtschaft nicht die Rolle der Staaten eliminiert. „Gerechte Gesetze“ sind notwendig. Er greift die Enzyklika „Centesimus annus“ auf und weist auf die Notwendigkeit eines Systems von drei Subjekten hin: Markt, Staat und Zivilgesellschaft. Er ermutigt zu einer „Zivilisierung der Wirtschaft“. Zwar gebe es „keinen Markt der Unentgeltlichkeit, und eine Haltung der Unentgeltlichkeit kann nicht per Gesetz verordnet werden“. Dennoch brauchen sowohl der Markt als auch die Politik „Menschen, die zur Hingabe aneinander bereit sind“ (35-39).
Die aktuelle Krise – so seine Anmerkung – braucht auch tiefgreifende Änderungen für das Verständnis des Unternehmens. „Alte Formen der Unternehmertätigkeit gehen ihrem Ende entgegen, dich am Horizont werden neue vielversprechende Formen sichtbar“. Es darf nicht nur die Interessen der Eigentümer berücksichtigen, „sondern muss auch auf die von allen anderen eingehen, die zum Leben des Unternehmens beitragen: die Arbeitnehmer, die Kunden, die Zulieferer, die entsprechende Gemeinde“. Der Papst kritisiert solche Manager, die nur auf die Wünsche der Aktionäre antworten. Er fordert dazu auf, finanzielle Ressourcen nicht spekulativ einzusetzen (40-41).

Das Kapitel schließt mit eine neuen Bewertung des Phänomens der Globalisierung. Sie soll nicht nur als „sozioökonomischer Prozess“ gesehen werden. „Wir dürfen nicht Opfer sein, sondern müssen Gestalter werden“, mahnt er, indem wir mit Vernunft vorgehen und „uns von der Liebe und von der Wahrheit leiten lassen.“ Die Globalisierung mache „auf weltweiter Ebene eine noch nie dagewesene große Neuverteilung des Reichtums möglich“. Freilich dürfe die weltweite Ausbreitung des Wohlstands nicht „durch egoistische, protektionistische und von Einzelinteressen geleitete Projekte gebremst“ werden. (42).


Das vierte Kapitel entwickelt das Thema Entwicklung der Völker, Rechte und Pflichten, Umwelt. Beobachtbar ist „die Beanspruchung des Rechts auf Überfluss“ in den reichen Ländern, während in unterentwickelten Gegenden Nahrung, Trinkwasser, Schulbildung oder medizinischer Grundversorgung fehlen. Hier werden, beklagt der Papst, Individualrechte von ihrem Standort verrückt, weil sie „von einem sinngebenden Rahmen von Pflichten losgelöst sind“. Rechte und Pflichten sind an einen ethischen Rahmen gebunden. Wenn sie aber „ihr Fundament allein in den Beschlüssen einer Bürgerversammlung finden, können sie jederzeit geändert werden“. Deshalb dürften Regierungen und internationale Organisationen nicht vergessen, dass Rechte objektiv und unverfügbar sind (43).

In diesem Zusammenhang spricht der Papst von den problematischen Verbindungen mit der demographischen Entwicklung. Es ist unkorrekt – sagt der Papst – „in der Bevölkerungszunahme die Hauptursache der Unterentwicklung zu sehen“. Er betont, dass man die Sexualität nicht reduzieren kann „auf hedonistische und spielerische Handlung“. Man kann auch die Sexualität mit materialistischen Politiken regulieren, mit einer „erzwungenen Geburtenplanung“. Doch der Papst pocht darauf: „Die moralisch verantwortungsvolle Offenheit für das Leben ist ein sozialer und wirtschaftlicher Reichtum.“ Heutzutage sei es zu einer sozialen und sogar ökonomischen Notwendigkeit geworden, „den jungen Generationen wieder die Schönheit der Familie und der Ehe vor Augen zu stellen“. Deshalb ruft der Papst die Staaten dazu auf, Familien auch finanziell zu fördern. (44)

„Die Wirtschaft – so der Papst – braucht für ihr korrektes Funktionieren Ethik, „nicht irgendeine Ethik, sondern eine menschenfreundliche Ethik“. Die Zentralität der Person muss Leitprinzip sein in den Maßnahmen für Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit, die immer die Nutznießer einbeziehen müssen. „Die internationalen Organismen müssten „nach der Wirksamkeit ihrer oft viel zu kostspieligen bürokratischen Verwaltungsapparate“ fragen. Sie seien oft zu teuer. Es komme vor, dass die Armen dazu dienen, teure bürokratische Organisationen am Leben zu erhalten. Von daher die Mahnung zu einer „größeren Transparenz“ über die erhaltenen Mittel (45-47).

Die letzten Absätze des Kapitels sind der Umwelt gewidmet. Für den Gläubigen ist die Natur ein Geschenk Gottes, das man verantwortlich nutzen muss. Auf diesem Hintergrund spricht der Papst dann von den Problemen der Energie. „Das Aufkaufen der nicht erneuerbaren Energiequellen“ durch Staaten oder Unternehmen ist „ein schwerwiegendes Hindernis für die Entwicklung der armen Länder“. Die internationale Gemeinschaft muss daher Wege finden, um die Ausbeutung der nicht erneuerbaren Ressourcen zu zügeln, und zwar unter Einbeziehung der armen Länder, um mit ihnen gemeinsam die Zukunft zu planen. Die technologisch fortgeschrittenen Gesellschaften „können und müssen ihren Energiebedarf verringern“, sagt der Papst. Gleichzeitig muss die Suche nach alternativen Energien voranschreiten. Die Gesellschaft müsse ernsthaft ihren Lebensstil überprüfen, „der in vielen Teilen der Welt zum Hedonismus und Konsumismus neigt“, ein „tatsächlicher Gesinnungswandel“ ist da nötig. Das wirklich entscheidende Problem ist „das moralische Verhalten der Gesellschaft“. Der Papst schreibt: Wenn man das Lebensrecht und das Recht auf einen natürlichen Tod nicht respektiert, „wenn Schwangerschaft und Geburt des Menschen auf künstlichem Weg erfolgen, wenn Embryonen für die Forschung geopfert werden, verschwindet schließlich der Begriff Humanökologie und mit ihm der Begriff der Umweltökologie aus dem allgemeinen Bewusstsein.“ (48-52)


Die Zusammenarbeit der Menschheitsfamilie, also der Völker, ist das Herzstück des fünften Kapitels. In ihm zeigt Benedikt, dass die Entwicklung der Völker vor allem davon abhängt, „sich als eine einzige Familie zu erkennen“, die in einer echten Gemeinschaft zusammenarbeitet und von Subjekten gebildet wird, die nicht einfach nebeneinander leben.“ Stichwort Religionsfreiheit: Das Christentum und die anderen Religionen könnten ihren Beitrag zur Entwicklung nur dann leisten, wenn Gott auch im öffentlichen Bereich Platz findet. Im Laizismus und im Fundamentalismus geht die Möglichkeit eines fruchtbaren Dialogs zwischen Vernunft und Glauben verloren. Das ist ein Bruch, der einen sehr hohen Preis für die menschliche Entwicklung bedeutet. (53-56)

Der Papst bezieht sich dann auf das Prinzip der Subsidiarität. „Die Subsidiarität ist vor allem eine Hilfe für die Person durch die Autonomie der mittleren Gruppen und Verbände.“ Sie ist geeignet, die Globalisierung zu humanisieren. Internationale Hilfen können „ein Volk manchmal in Abhängigkeit halten“, daher müssen die Subjekte der Zivilgesellschaft einbezogen werden und nicht nur die Regierungen. Allzu häufig würden Hilfen nur gegeben, um Randmärkte für Produkte von Entwicklungsländern zu schaffen. (57-58) Der Papst ermahnt dann die reichen Staaten, „höhere Sätze ihres Bruttoinlandprodukts für die Entwicklungshilfe bereitzustellen.“ Er wünscht einen besseren Zugang zum Unterricht und noch viel mehr zur umfassenden Heranbildung der Menschen. Er fügt an: „Wenn man einem solchen Relativismus nachgibt, werden alle ärmer, was negative Auswirkungen auch auf die Wirksamkeit der Hilfe für die notleidenden Völker hat, die nicht nur der wirtschaftlichen und technischen Mittel bedürfen, sondern auch pädagogische Möglichkeiten und Mittel brauchen, die die Personen in ihrer vollen menschlichen Verwirklichung unterstützen.“ Ein perverses Beispiel dafür ist der Sex-Tourismus. Es ist schmerzlich, festzustellen, dass dieser sich oft der lokalen Regierungen bedient – unter dem Schweigen der Regierungen, woher die Touristen kommen und in Mitschuld vieler, die in diesem Sektor mitarbeiten (59-61)

Der Papst befasst sich dann mit dem Phänomen der Migration. „Kein Land kann sich allein dazu imstande sehen, den Migrationsproblemen unserer Zeit zu begegnen. Wir alle sind Zeugen der Last an Leid, Entbehrung und Hoffnung, die mit den Migrationsströmen einhergeht.“ Der Papst verlangt, dass die auswärtigen Arbeiter nicht als Ware angesehen werden. Er verdeutlicht den direkten Zusammenhang zwischen Armut und Arbeitslosigkeit. Er fordert würdige Arbeit für alle und lädt die Gewerkschaften ein, ihren Blick auf die Arbeiter zu richten, wo die sozialen Rechte verletzt werden. (62-64)

Die Finanzwirtschaft soll – nach ihrem schlechten Gebrauch, der die reale Wirtschaft geschadet hat – dahin zurückkehren, ein Instrument mit dem Ziel der Entwicklung zu sein. Der Papst unterstreicht: „Die Finanzmakler müssen die eigentlich ethische Grundlage ihrer Tätigkeit wieder entdecken, um nicht jene hoch entwickelten Instrumente zu missbrauchen, die dazu dienen können, die Sparer zu betrügen.“ (65-66)

Den letzten Abschnitt des Kapitels widmet der Papst der Reform der UNO und der „wirtschaftlichen und finanziellen internationalen Architektur“. Er verlangt eine „echte politische Weltautorität“, die sich „von den Werten der Liebe in der Wahrheit inspirieren lässt“. Darüber hinaus muss diese internationale Autorität „von allen anerkannt sein, über wirksame Macht verfügen, um für jeden Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte zu gewährleisten.“

Das sechste und letzte Kapitel ist zentriert auf das Thema Entwicklung der Völker und die Technik. Der Papst warnt vor der prometheischen Annahme. Der zufolge verkommt die Entwicklung des Menschen, „ wenn er sich anmaßt, sein eigener und einziger Hervorbringer zu sein.“ Technik kann keine absolute Freiheit haben. (68-72). Zusammen mit der technologischen Entwicklung  sind die Kommunikationsmittel berufen, die Würde der menschlichen Person und der Völker zu fördern. (73)

Vordringliches Feld des kulturellen Kampfes zwischen dem Absolutheitsanspruch der Technik und der moralischen Verantwortung des Menschen ist heute das Feld der Bio-Ethik. Die Embryonenforschung, das Klonen, – so die Klage des Papstes – werden von der aktuellen Kultur gefördert, die meint, sie habe jedes Geheimnis gelüftet. Den Papst erschreckt eine „systematische eugenische Geburtenplanung“ (74-75). Er unterstreicht, dass der Fortschritt nicht beim Materiellen stehen bleiben darf, sondern ebenso „ein geistig-geistliches Wachstum umfassen muss“, weil der Mensch eine „Einheit aus Seele und Leib“ ist“. (76-77).

Im Schlussteil der Enzyklika unterstreicht der Papst, dass die Entwicklung Christen braucht, „die die Arme zu Gott erheben“ in Liebe und Vergebung, in Selbstverzicht, in Annahme des Nächsten, in Gerechtigkeit und Frieden (78-79).

(rv 07.07.2009 gem/mg)








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