2009-07-06 12:46:38

Italien/D: G8-Politiker treffen auf „harte Realität“


RealAudioMP3 Die Ärmsten der Armen sollen beim Treffen der wichtigsten Industrienationen diese Woche nicht vergessen werden. Dazu haben Kirchen und Hilfsorganisationen aufgerufen. Ursprünglich sollte der G8-Gipfel vom 8. bis 10. Juli auf der luxuriösen Insel La Maddalena vor Sardinien stattfinden. Nach dem verheerenden Erdbeben in den mittelitalienischen Abruzzen verlegte die italienische G8-Präsidentschaft das Politikertreffen nach L’Aquila. Über die Folgen der Wirtschaftskrise, über Klimawandel und Terrorschutz beraten die wichtigsten Industrienationen gemeinsam mit UNO-Vertretern und Delegationen aus Afrika und Asien nun in einer Kaserne der Finanzpolizei. Zeltstädte für die Erdbebenopfer liegen in Sichtweite, auf dem Exerzierplatz der Kaserne sprach vor rund zwei Monaten der Papst, am Karfreitag feierte der Kardinalstaatssekretär hier das Requiem für knapp 300 Todesopfer, die Bilder der aufgereihten Särge gingen um die Welt.

Welchen Einfluss hat dieser Ortswechsel auf die Beratungen? Der deutsche Botschafter in Italien, Michael Steiner:

„Selbst wenn das Erdbeben nicht stattgefunden hätte, hätte man sich in der globalen Krise, die wir gegenwärtig erleben, fragen können: Ein Gipfel auf Luxusschiffen, passt der eigentlich in eine derartige globale Situation? Jetzt kam dieses Erdbeben hinzu. Ich glaube, es ist sicherlich sinnvoll, dass man mit der Verlegung des Gipfels nach L’Aquila nicht nur die Solidarität von außen zum Ausdruck bringt, sondern darüber hinaus die Chance nutzt, aus diesen Gipfeln, die doch ein bisschen zu glamourös geworden sind, wirklich wieder nüchterne Arbeitssitzungen zu machen. Ich persönlich glaube, der Gipfel kann dadurch, dass er hier nahe an der bitteren Realität stattfindet, nur gewinnen.“

In der Nacht vom 5. auf den 6. April, vor genau drei Monaten also, erschütterte das Beben der Stärke 6,3 auf der Richterskala Mittelitalien. Das Epizentrum lag im Gebiet nördlich der Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila in etwa fünf Kilometern Tiefe. L’Aquilas Vorort Onna wurde zum Symbolort der betroffenen Region, zu 95 Prozent zerstört, mehr als 40 Einwohner starben, rund 300 verloren ihr Zuhause. Das Dorf ist auf tragische Weise mit Deutschland verbunden. Im Juni 1944 hatte die Wehrmacht im Zuge des Rückzugs in Onna 17 unschuldige Zivilisten erschossen und mehrere Häuser gesprengt. Deutschland will daher seine Wiederaufbauhilfe für die Erdbebenregion auf Onna konzentrieren. Drei Millionen für den Aufbau der Kirche sind bereits vom Bundestag beschlossen. Am Mittwochvormittag, kurz vor der Eröffnung der Beratungen in L’Aquila, wird Bundeskanzlerin Angela Merkel Onna besuchen.

„Das ist eine Botschaft der deutsch-italienischen Solidarität. Frau Merkel hat eine wichtige Regierungserklärung zum G8-Gipfel in einer Beschreibung dieser Solidarität am Beispiel von Onna gipfeln lassen. Das finde ich schon bemerkenswert. Sie manifestiert diese Solidarität. Was wir uns vorgenommen hatten und worauf wir hofften, war, dass wir es trotz all des Unglücks erreichen können, Geschichte zu verwandeln. Ich glaube, das kann gelingen. Ich denke, die Kirche ist für die Menschen, die sehr religiös sind, sowieso notwendig. Aber darüber hinaus ist die Kirche auch ein Symbol dafür, dass es weiter geht, dass dieser Ort nicht untergeht, dass Onna auch wieder auferstehen wird – das kann man daran festmachen. Die Kirche wiederaufzubauen, wird viel Geld und Energie kosten. Das macht nur Sinn, wenn man auch den Ort ringsherum wieder aufbaut. Das wissen die Menschen. Insofern ist es ein ganz entscheidendes Signal. Die Diözese Rottweil und die hiesige Diözese werden zusammenarbeiten. Sie sind die eigentlichen Bauherren und die Bundesregierung wird das Projekt finanzieren. Das Entscheidende ist aber, wie gesagt, dass dies ein manifestes Zeichen ist. Das brauchen die Menschen, sie brauchen wieder Vertrauen in die Zukunft.“

(rv 06.07.2009 bp)









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