Zum Ende des Paulusjahrs
sehen türkische Christen neue Hoffnungssignale. Nach Medienberichten erwägt der Kultusminister
der Türkei, das griechisch-orthodoxe Priesterseminar auf der Insel Chalki im Marmarameer
wieder zu erlauben. Doch trotz dieser Ankündigung der türkischen Regierung gilt vorerst:
Christliche Kirchen haben in der Türkei keine Chance, Nachwuchs auszubilden. Das sagt
Gerhard Duncker im domradio-Interview. Er ist Islambeauftragter der Evangelischen
Kirche von Westfalen. Duncker war viele Jahre als Auslandspfarrer in der Türkei tätig.
„Die
Türkei kennt das Recht der freien Religionsausübung. Das gilt aber nur individuell.
Anders ausgedrückt: Der Einzelne kann machen und glauben, was er will. Es gibt aber
eine Beschränkung für die Kirchen als Körperschaften. Deshalb darf gegenwärtig keine
Kirche Grundbesitz kaufen oder verkaufen. Die Kirche kann kein Rechtsubjekt sein und
das ist ein ganz großer Nachteil.“
Deshalb können Kirchen offiziell auch
kein Personal anstellen. Nun soll sich das aber ändern. Gerhard Duncker:
„Das
bisherige Verbot galt allgemein für private religiöse Hochschulen. Damit wollte der
türkische Staat vor allem nicht kontrollierbare muslimische Bildungsstätten begrenzen.
Doch inzwischen sind alle muslimischen Hochschulen wiedereröffnet worden. Nur die
christlichen Bildungsstätten sind nach wie vor geschlossen geblieben. Die Kirche hat
nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, Priester aus dem Ausland zu holen. Die Frage
ist, wie geht es für die christlichen Gemeinden weiter, wenn sie keine Priester mehr
haben. Das betrifft vor allem die griechisch-orthodoxe, armenische und syrisch-orthodoxe
Kirche.“
Seit 1971 ist die einzige Ausbildungsstätte für griechisch-orthodoxe
Geistliche in der Türkei ein Zankapfel zwischen Kirche und Regierung; die Europäische
Union hat die Wiedereröffnung des Seminars auf die Tagesordnung der Beitrittsverhandlungen
mit Ankara gesetzt.