2009-06-22 14:43:14

Iran: Die Wut der Minderheiten


RealAudioMP3 Bei den Protesten im Iran gegen das verfälschte Wahlergebnis kam lang aufgestaute Wut auch religiöser Minderheiten zum Ausbruch. Das glaubt der Iran-Fachmann des katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“, Berthold Pelster. Dass es tatsächlich zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahl kam, hat der mächtige iranische „Wächterrat“ nun eingeräumt. In 50 Städten habe es mehr Wähler als Wahlberechtigte gegeben, es gehe um drei Millionen Stimmen. Nach den Ausschreitungen vom Wochenende ist die Lage derzeit gespannt, aber nach außen hin ruhig. Mindestens zehn Menschen starben am Samstag, Hunderte weitere wurden verletzt und mehr als 450 festgenommen. Die Menschen in Teheran und anderen iranischen Städten demonstrierten unter Lebensgefahr für Reformen in ihrem Land, in die auch die dort lebenden Minderheiten große Hoffnungen setzen. Berthold Pelster:

"Der Iran ist ja im Grund ein Vielvölkerstaat. In den letzten Jahren unter Ahmadinedschad ist versucht worden, diesen Staat umzuformen in einen religiösen Staat, in eine Theokratie. Leitlinie dafür ist der schiitische Islam. Aber wenn man weiß, dass es eine sunnitische Minderheit im Iran gibt, dass es christliche Minderheiten gibt, dass es die große Minderheit der Bahai gibt, die alle mehr oder weniger benachteiligt oder zum Teil auch blutig unterdrückt und verfolgt werden, wird klar, dass die Minderheiten mit dieser Islamisierungspolitik nicht einverstanden sein können."

In den Ausschreitungen zeigt sich, dass der Wächterrat im Moment das Sagen im Land hat. Eine Einrichtung, die schon in der Vergangenheit ein Übel für Minderheiten war.

„Der Wächterrat ist ein schönes Beispiel, dass es um einen religiösen Staat geht. Genauer gesagt um einen religiösen Überwachungsstaat. Es gibt zwar demokratische Strukturen, es gibt Wahlen, aber das oberste Sagen hat der Wächterrat. In ihm sitzen muslimische Richter und zum Teil auch einige weltliche Richter. Sie haben darüber zu bestimmen, welche Gesetze Wirkung erlangen und welche nicht. Alle Gesetze, die das iranische Parlament beschließt, müssen den islamischen Grundsätzen genügen. Das hat natürlich Auswirkungen für die Christen.“

Ein scharfer Verstoß gegen die Religionsfreiheit ist beispielsweise die alarmierende Gesetzesinitiative vom vergangenen September, die eine Abwendung vom schiitischen Islam mit schwersten Strafen ahndet. Kirche in Not zweifelt nicht daran, dass der Wächterrat diese Gesetzesinitiative durchwinken wird.

„Religionswechsel soll vom Staat unterbunden werden. Die Strafen für die Abwendung vom Islam soll verschärft werden, nämlich mit dem Tod für Männer, und für Frauen mit lebenslanger Haft. Dieses Gesetz ist bisher vom Wächterrat noch nicht abgesegnet worden, aber es ist damit zu rechnen, dass das geschehen wird.“
(rv 22.06.2009 gs)








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