Soll der deutsche
Staat den Islam mit den christlichen Kirchen gleichstellen? Bei manch einem Bürger
regen sich da Widerstände. Dabei ist es eine Forderung des Grundgesetzes, dass der
Staat, der in Deutschland religionsneutral ist, alle Religionsgemeinschaften gleich
behandelt. Das Problem liegt woanders, erklärt der Theologe und Islamwissenschaftler
Peter Hünseler – er ist Leiter der CIBEDO, der Christlich-Islamischen Begegnungsstelle
der deutschen Bischofskonferenz. Das deutsche Staats-Kirchen-Recht besagt nämlich,
dass der Staat nur solche Glaubensgemeinschaften anerkennt, die eine gewisse Organisationsform
aufweisen.
„Nehmen wir die Katholische Kirche. Sie hat eine Organisationsstruktur,
man wird Mitglied der Kirche durch die Taufe, dies ist ein freiwilliger Akt, der ja
bei der Heiligen Kommunion noch mal von dem Täufling wiederholt wird. Der sagt: Jawohl,
ich will Mitglied in dieser Kirche sein. Und damit erkennt er die Kirchenstrukturen
an. Und er erkennt an, dass in dieser Kirche ein Lehramt gibt, was verbindlich die
Glaubensinhalte darstellt - auch gegenüber dem Staat. Und genau diese Verfasstheit
gibt es im Islam nicht. Der Islam ist bekanntlich die freie Gemeinschaft der Gläubigen
ohne irgendeine Organisationsform. Und vor allen Dingen: ohne ein Lehramt. Und hier
liegt das Problem.“
Innenminister Schäuble glaubt, dass sich die Türkisch-Islamische
Union der Anstalt für Religionen (Ditib) in Richtung einer solchen Religionsgemeinschaft
entwickeln könnte. Da wird die Organisation aber noch einen „sehr weiten Weg“ zurückzulegen
haben, gibt Hünseler zu bedenken. Ein Plus sei „die moderate und positive Haltung
der Ditib zum deutschen Staat und zu den gemeinsamen Werten“. Andererseits sei die
Organisation ein diplomatischer Ableger der Religionsbehörde in der Türkei - ein Ministerium
könne aber keine Religionsgemeinschaft sein, so Peter Hünseler im Interview des Kölner
Domradio. (domradio 22.06.2009 gs)