Erstmals traten die Wundmale Christi bei dem Kapuziner 1910 auf. Vier Tage nach seiner
Priesterweihe spürt er die Schmerzen in den Handtellern, den Füßen und im Herzen.
Ein Jahr später berichtet Pater Pio seinem spirituellen Leiter von diesen Phänomenen.
Der Obere schickt ihn nach Neapel zu medizinischen Untersuchungen. In einem Brief
beschreibt Pater Pio die Schmerzen als wie von einem Schwert herrührend. An einem
Freitag im August 1918 treten die Stigmata erneut auf, diesmal auch als sichtbare
Wundmale. Mehrere renommierte Ärzte untersuchen sie und können sich keinen Reim darauf
machen. Zeitungsberichte über den stigmatisierten Pater lösen beispiellose Pilgerwellen
aus. Die Kreuzigungsmale sollten Pater Pios Körper zeichnen bis kurz vor seinem Tod,
als sie, so unerklärlich wie sie gekommen waren, verschwanden.
Der Heilige
Stuhl war anfangs skeptisch. In den 1920-er-Jahren stufte ein medizinischer Gutachter
der Inquisitionsbehörde die Erscheinung als hysterisch bedingt ein. Zeitweise verbot
der Vatikan Pater Pio öffentliche Messfeiern und Briefkontakt mit Gläubigen. Im Zug
des Selig- und Heiligsprechungsverfahrens ließ der Vatikan alle vorliegenden medizinischen
Gutachten abermals prüfen sowie zahlreiche Zeugen einvernehmen. Die Gutachter kamen
zu dem Schluss, dass die Stigmata Pater Pios auf natürliche Weise nicht begründet
werden können. Allerdings kursieren immer noch alternative Erklärungsversuche der
Wundmale. Zuletzt sorgte im Herbst 2007 in Italien ein Buch für Schlagzeilen, das
die Stigmata nicht auf ein Wunder, sondern auf Phenolsäure zurückführt. (rv/kna
20.06.2009 gs)