"Die Freude am Christsein wiederentdecken": Papst an Pater Pio-Anhänger
Dass die Gläubigen
„die Schönheit und die Freude wiederentdecken, Christen zu sein“ - diesen Wunsch Pater
Pios legte Papst Benedikt XVI. den Kapuzinern von San Giovanni Rotondo und den Gläubigen
ans Herz. Bei seiner Predigt am Wallfahrtsort Pater Pios warnte der Papst zudem vor
den „Risiken des Aktivismus und der Verweltlichung“. Der Heilige zeige, wo die Quellen
des Engagements für Arme und Schwache seien: im Gebet und in der Nächstenliebe.
Pater
Pio habe die Erfahrung Jesu im Garten Getsemane intensiv geteilt: solidarisch mit
den Sündern zu sein und sich deshalb von Gott verlassen zu fühlen. Benedikt erinnerte
an die Wundmale Pater Pios, die erstmals nach seiner Priesterweihe 1910 auftauchten
und mit seinem Tod 1968 wieder verschwanden. „Die Stigmata, die seinen Körper zeichneten,
ließen ihn eins werden mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen“, so der Papst. Wie
der Apostel Paulus habe Pater Pio sagen können: „Ich bin mit Christus gekreuzigt;
nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Benedikt:
„Das
bedeutet nicht Entfremdung und Verlust der Persönlichkeit: Gott löscht den Menschen
niemals aus, sondern verwandelt ihn durch seinen Geist und lenkt ihn zum Dienst an
seinem Heilsplan. Pater Pio bewahrte sich seine natürlichen Gaben, auch sein Temperament,
aber er schenkte alles Gott, der sich seiner frei bedienen konnte, um das Werk Christi
fortzusetzen: das Evangelium zu verkünden, die Sünden zu vergeben und die Kranken
an Körper und Geist zu heilen.“
Wie Jesus habe Pater Pio nicht gegen irdische
Feinde gekämpft, sondern gegen den „Geist des Bösen“, so Papst Benedikt. Vereint mit
Jesus, habe er immer „die Tiefe des menschlichen Dramas“ im Blick gehabt. „Die Seelen
führen und die Leiden lindern: so kann man die Sendung des Heiligen Pio von Pietrelcina
zusammenfassen“. Die Kapuziner in San Giovanni Rotondo erinnerte Papst Benedikt an
das Erbe, das Pater Pio ihnen hinterlassen hat: der Ruf zur Heiligkeit.
„Das
war immer seine erste Sorge, sein priesterliches und väterliches Streben: Dass die
Menschen zu Gott zurück kehrten, dass sie seine Barmherzigkeit erfahren könnten und,
innerlich erneuert, die Schönheit und die Freude wiederentdecken, Christen zu sein,
in Gemeinschaft mit Christus zu leben, seiner Kirche anzugehören und das Evangelium
zu leben“.
Pater Pio zog andere - so Papst Benedikt - „auf den Weg der
Heiligkeit“, indem er auf die beiden Gleise dieses Weges verwies: Gebet und Nächstenliebe.
„Wie alle großen Gottesmenschen war Pater Pio selbst mit Leib und Seele
Gebet geworden. Seine Tage waren „gelebte Rosenkränze“, also eine fortwährende Meditation
und Aneignung der Geheimnisse Christi. „So erklärt sich die einzigartige gleichzeitige
Anwesenheit übernatürlicher Gaben und menschlicher Konkretheit in ihm… die Liebe,
die er im Herzen trug und alle anderen spüren ließ, war voller Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit
für die wirkliche Lage der Person und der Familie. Sein großes Werk für die „Linderung
des Leidens“ kann ohne diese Quelle weder verstanden noch erklärt werden: evangelische
Nächstenliebe, die sich wiederum aus dem Gebet speist.“
Daran erinnere
Pater Pio seine Mitbrüder und Anhänger auch heute, so Papst Benedikt.
„Die
Risiken des Aktivismus und der Verweltlichung sind immer präsent; deshalb hat mein
Besuch hier auch den Zweck, euch in der Treue zur Mission zu bestätigen, die ihr von
eurem geliebten Vater geerbt habt. Viele von euch, Ordensleute und Laien, sind derart
in Beschlag genommen von den tausend Aufgaben des Dienstes am Pilger oder der Kranken
in der Klinik, dass ihr Gefahr lauft, das wahrhaft Notwendige zu vergessen: auf Christus
zu hören, um den Willen Gottes zu erfüllen.“
Der Papstbesuch krönt ein
Gedenkjahr zum 40. Todestag des Heiligen. An seinem seit Ende April 2008 aufgebahrten
Leichnam zogen nach Angaben der Kapuziner bisher 6,5 Millionen Pilger und Besucher
vorbei. (rv 21.06.2009 gs)