Im Iran gibt es die
schwersten Unruhen seit der Islamischen Revolution vor 30 Jahren. Das Land ist seit
der Verkündung des Wahlergebnisses - das viele Kritiker für gefälscht halten - in
einer Aufbruchstimmung, die die Obrigkeiten allmählich unter Druck setzt. Der geistliche
Führer des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, ließ den für die Wahlen zuständigen Wächterrat
am Dienstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Auch die Christen im Iran haben
Angst, dass sich die Gewalt im Land weiter zuspitzt. Chamenei sei der wahre Machthaber
im Iran und traue den Demonstranten einiges zu. Das sagt uns der evangelische Pfarrer
in Teheran, Karl Jacobi.
„Denn die Befürchtung ist, dass die jetzigen Demonstrationen
nicht nur gegen das Wahlergebnis gerichtet sind, sondern an die Wurzeln des Systems
rühren. Das iranische Militär hat deshalb bereits klargestellt, dass ein solcher Schritt
nicht akzeptiert wird. Die Demonstrationen seien ihrer Meinung nach eine Gefahr für
die islamische Republik... Offensichtlich steht diese Befürchtung im Raum.“
Die
Demonstranten erweisen sich als zäher als erwartet. Die meisten sind Anhänger des
bei den Wahlen angeblich gescheiterten Politikers Hossein Moussawi. Auch einige Christen
seien unter denen, die in diesen Tagen zum Protest auf die Straße gingen.
„Christen
sind als Minderheit hier im Iran immer besorgt, dass ihre Rechte beschnitten werden.
Sie finden, dass es mehr Freiheit geben müsste! Die christliche Freiheit ist hier
sehr eng gefasst. Von daher kann ich mir durchaus vorstellen, dass junge Christen
– ähnlich wie ihre anderen Altergenossen – dazu tendieren, auf Seite der Opposition
zu sein.“
Christen können ihre Religion frei ausüben, bestätigt Pfarrer
Jacobi. Allerdings sei dies nur in den engen Grenzen der Gotteshäuser möglich.
„Wir
haben mit der Durchführung von Gottesdiensten grundsätzlich keine Probleme. Unser
Problem ist, dass die Gläubigen nicht zu uns kommen können. So hätten wir am vergangenen
Freitagabend einen englischsprachigen Gottesdienst gehabt - den mussten wir aber absagen.
Die Menschen trauen sich im Augenblick nicht, auf die Strasse zu gehen. Es ist einfach
zu unsicher, um fünf oder sechs Kilometer mit dem Auto durch die Stadt zu fahren.
Das beeinträchtigt sehr unser Gottesdienstleben. Es ist aber nicht so, dass wir unter
der Gewalt, die auf der Strasse herrscht, zu leiden hätten.“